"Die nach § 70 Abs. 2 OWiG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet."
Das Ausgangsgericht hat den per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz am 29.7.2015 an die Verwaltungsbehörde übermittelten Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Kreises Coesfeld vom 9.7.2015, der keine eingescannte Unterschrift des Betroffenen enthielt und auch keinen Hinweis darauf, dass eine Unterschrift aus technischen Gründen unterbleibt, zu Recht nach § 70 Abs. 1 OWiG als unzulässig verworfen; denn ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid mittels E-Mail ist ohne qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz nicht formwirksam.
Gem. § 67 Abs. 1 OWG muss ein Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, erklärt werden. § 110a Abs. 1 S. 1 OWiG erweitert den Anwendungsbereich des § 67 Abs. 1 OWiG nur für solche elektronischen Dokumente, die eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz aufweisen. Eine E-Mail ohne Signatur nach dem Signaturgesetz wahrt auch nicht nach § 110a Abs. 1 S. 2, Abs. 2 OWiG die Form des § 67 OWiG, da in Nordrhein-Westfalen von der Verordnungsermächtigung gem. § 110a Abs. 2 OWG für den Bereich der Ordnungswidrigkeitenverfahren bisher kein Gebrauch gemacht worden ist.
Eine analoge Anwendung des § 110a OWiG auf E-Mails ohne Signatur scheidet aus, da insoweit keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Wie aus der Gesetzesbegründung zur vergleichbaren Vorschrift des § 130a ZPO (Seite 44 der Gesetzesbegründung, Bundestagsdrucksache 15/4067) ersichtlich ist, wollte es nämlich der Gesetzgeber der Rspr. überlassen, ob eine E-Mail ohne Signatur die Form wahrt. Eine unbewusste Regelungslücke ergibt sich für den Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts auch nicht aus dem Umstand, dass nach herrschender Meinung der Einspruch anders als Schriftsätze in anderen Verfahrensordnungen nicht unterzeichnet werden muss (Krenberger, Anmerkung zu LG Fulda, Az. 2 Qs 65112, Beschl. v. 2.7.2012, veröffentlicht bei juris). Denn aus der Gesetzesbegründung zu § 110a OWiG (Bundestagsdrucksache 15/4067, Seite 45) folgt, dass der Gesetzgeber sich auch dieses Umstandes bewusst war.
Allerdings wird in der Literatur eine richterliche Rechtsfortbildung dahin befürwortet, die Einlegung eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid per E-Mail ohne Signatur nach dem Signaturgesetz als zulässig anzusehen (Seitz in: Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 67 OWiG Rn 22a m.w.N.; Krenberger, a.a.O.); die hierzu bisher ergangene Rspr. hat sich aber dieser Ansicht zu Recht nicht angeschlossen (LG Fulda, Beschl. v. 2.7.2012 – 2 Qs 65/12, juris; zur Rechtsbeschwerde entsprechend: OLG Oldenburg, Beschl. v. 3.4.2011 – 2 SsRs 294/11, juris-Rn 7 f.). Einer entsprechenden richterlichen Rechtsfortbildung stehen sowohl Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses, wie er durch den Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschl. v. 5.4.2000 – Gms-OGB 1/98, NZA 2000, 959, 960) formuliert ist und auf den die Gesetzesbegründung zur vergleichbaren Regelung des § 130a Abs. 2 ZPO ausdrücklich Bezug nimmt, als auch die Gesetzessystematik entgegen.
E-Mails genügen der Schriftform nicht, da sie weder ein beim Absender erstelltes Originalschriftstück voraussetzen noch zwingend eine urkundliche Verkörperung am Empfangsort erfahren (OLG Oldenburg, Beschl. v. 3.4.2011 – 2 SsRs 294/11, juris-Rn 7). Zum einen fehlt es beim E-Mail-Versand schon an einem vom Absender veranlassten Ausdruck, den der Gemeinsame Senat der Obersten Bundesgerichte beim Computerfax als maßgeblich für die Anerkennung dieses Übermittlungsweges angesehen hat. Ob überhaupt und gegebenenfalls wann eine an das Gericht gesandte E-Mail dort ausgedruckt wird, hat der Absender gerade nicht in der Hand. Zum anderen sprechen erhebliche Sicherheitserwägungen gegen die Anerkennung nicht signierter E-Mails als zulässige Rechtsmittelform. Eine einfache E-Mail gewährleistet keine ausreichend sichere Identifizierung des Absenders; das Absenden einer unsignierten E-Mail unter falschem Namen ist leicht möglich, und zwar weltweit von jedem Computer aus, der an das Internet angeschlossen ist; es besteht bei dieser Versendungsform eine besonders große Gefahr von Missbrauch und Täuschung durch nicht ermittelbare Unbefugte, die größer ist als beim Faxversand. Eben deshalb hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, nach Freigabe des E-Mail-Zugangs zu den Strafgerichten ausschließlich qualifiziert signierte E-Mails als formwirksam gelten zu. lassen (OLG Oldenburg NJW 2009, 536, 537). Die Schriftlichkeit soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass dieses mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden is...