" … Dem Kl. steht ein Anspruch auf Zahlung gegen die Bekl. wegen einer Leistungsfreiheit in der Haftpflichtversicherung nicht zu. Der Kl. ist nicht leistungsfrei geworden."
Es ist unstreitig, dass die Bekl. gegen die Obliegenheit nach D.1.3. der AKB verstoßen hat, wonach sie das versicherte Fahrzeug nicht von einem Fahrer benutzen lassen darf, der nicht die erforderliche Fahrerlaubnis hat. Ihr fällt aber keine grobe Fahrlässigkeit zur Last, so dass die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit, auch der teilweisen Leistungsfreiheit, nicht eintritt.
Es ist allerdings allgemeine Ansicht, dass der Halter eines Fahrzeugs, der sein Fahrzeug einem anderen überlässt, sich stets davon vergewissern muss, dass der Fahrer im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, und dass das i.d.R. durch Einblick in den Führerschein zu geschehen hat (BGH IVa ZR 90/87; OLG Köln r+s 1991, 153). Ausnahmen von der Regel, dass der Führerschein vorzulegen ist, werden aber ebenfalls als zulässig angesehen, nämlich dann, wenn der VN sich auf andere Umstände verlässt, die vernünftigerweise den sicheren Schluss auf das Vorhandensein eines Führerscheins zulassen (BGH a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.). Es müssen sichere Erkenntnisquellen vorliegen, aus denen heraus die Annahme folgt, dass der Fahrer einen Führerschein hat. Diese Grundsätze fanden bereits unter der Geltung des VVG a.F. Anwendung, als eine Quotelung nach dem Grad des Verschuldens noch nicht zulässig war. Sie sind auch heranzuziehen, wenn es darum geht, im Rahmen des § 28 VVG n.F. den Grad des Verschuldens bezüglich der objektiv vorliegenden Obliegenheitsverletzung festzulegen.
Das führt hier dazu, dass eine Leistungsfreiheit des Kl. nicht eintritt. Der Grad des Verschuldens liegt im Bereich der einfachen Fahrlässigkeit. Selbst wenn man ihn als noch grob fahrlässig qualifizieren wollte, läge das Verschulden derart im unteren Bereich der groben Fahrlässigkeit, dass es sich schon um den Grenzbereich zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit handeln würde mit der Folge, dass eine Quote nicht zu bilden ist.
Die Bekl. hatte Erkenntnisquellen, aus denen sie den sicheren Schluss ziehen durfte, dass der einzustellende Beschäftigte über eine gültige Fahrerlaubnis verfüge. Ihr war bekannt, dass er seit Jahren auf einem Hof, auf dem sie sich häufig befand und dessen Betreiber sie kannte, Pkws und landwirtschaftliche Zugmaschinen fuhr. Der Betreiber dieses Hofes, der Zeuge K, hat glaubhaft ausgesagt, dass er Herrn J, der mehrere Jahre bei ihm gearbeitet habe, alle Fahrzeuge anvertraut habe, sowohl seinen eigenen privaten Wagen, als auch Hoffahrzeuge wie einen Jeep und einen Trecker, und dass dieser damit beanstandungsfrei auf dem Hof und auf öffentlichen Straßen gefahren sei. Der Zeuge selbst wusste auch, so seine Aussage, dass sein Angestellter für andere Arbeitgeber aushilfsweise als Chauffeur gearbeitet und auch einen eigenen Wagen besessen habe. Er hat weiter ausgesagt, dass Herr J ein korrekter, ordentlicher und zuverlässiger Mitarbeiter gewesen sei.
Nach der Aussage des Zeugen steht ebenfalls fest, dass die Bekl. diese Umstände kannte. Sie habe, so der Zeuge, seinen Mitarbeiter mehrfach fahren sehen. Nachdem J bei ihm gekündigt und es angestanden habe, ob die Bekl. ihn für ihren Hofbetrieb einstelle, habe er ihr zusätzlich zu diesen Umständen berichtet, dass es sich um einen zuverlässigen und vollkommen korrekten Mitarbeiter handele.
Dass sich darüber hinaus zwischen J und der Bekl. ein verfestigtes Vertrauensverhältnis entwickelt hatte, ergibt sich aus der Aussage nicht. Der Zeuge hat zwar ausgesagt, dass die beiden sich auf dem Hof mehrfach unterhalten hätten und dass sein Mitarbeiter gern mit anderen gesprochen und dabei viel erzählt habe; dass sich dabei ein besonderes Vertrauensverhältnis entwickelt hätte, hat der Zeuge aber nicht bestätigt.
Darauf kommt es nach Auffassung der Kammer aber auch nicht an. Entscheidend ist, dass die Bekl. von einem ihr gut bekannten Kollegen die Empfehlung bekommen hatte, dass es sich um einen tadellosen, insb. korrekten und zuverlässigen Mitarbeiter handele, und dass sich diese Eigenschaft auf die Teilnahme am Straßenverkehr bezog. Es ist entscheidend weiter darauf abzustellen, dass die Bekl. Herrn J in dem Wissen um dessen Zuverlässigkeit selbst am Straßenverkehr hat teilnehmen sehen und dass ihr vom Zeugen K bestätigt worden war, dass dieser selbst seinem Mitarbeiter eigene Fahrzeuge zum Fahren überlassen hatte und dass auch diese Fahrten ordnungsgemäß abgewickelt worden waren. Die Tatsache, dass die Bekl. gemeinsam mit J im Internet recherchiert hat, ob die als vorhanden behauptete Führerscheinklasse 3 auch das Fahren mit den vorhandenen landwirtschaftlichen Maschinen umfasst, ist dabei ein weiterer Gesichtspunkt, der gegen eine grobe Fahrlässigkeit spricht. Zwar reicht es nicht aus, sich auf mündliche Beteuerungen desjenigen zu verlassen, dem man sein Fahrzeug überlässt. Anders ist das aber zu beurteilen, wenn die Bekl. aufgrund der oben genannten Umstände ohnehin ...