Bisher werden viele Unfälle durch die schlichte Anwendung des Anscheinsbeweises entschieden. Steht fest, dass ein Fahrzeugführer z.B. den Fahrstreifen gewechselt oder in die Vorfahrtsstraße eingefahren ist, greift zu seinen Lasten die Vermutung ein, dass er den Unfall durch einen Verstoß gegen eine der einschlägigen Kardinalvorschriften verursacht hat. Den bevorrechtigten Fahrzeugführer trifft zwar auch die Pflicht, rechtzeitig auf dieses Fahrmanöver durch ein Bremsen bzw. Ausweichen zu reagieren. Ob ihm dies tatsächlich möglich gewesen ist, kann i.d.R. aber mangels ausreichender Anknüpfungstatsachen nur schwer festgestellt werden. Dies dürfte sich bei dem Auslesen der Daten aus dem EDR ggf. ändern. Kann ein solcher Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO bei dem Vorfahrtsberechtigten festgestellt werden, trifft ihn dann eine Mithaftung in einer Größenordnung von 25[6] bis 30 %.[7]

 
Hinweis

Bzgl. der gefahrenen Geschwindigkeit und des Zeitpunkts der erfolgten Reaktion ergeben sich so wertvolle weitere Erkenntnisse, die ansonsten nur mit einer erheblichen Bandbreite (wenn überhaupt) ermittelt bzw. bestimmt werden können.

[6] OLG Hamm, Urt. v. 27.3.2015 – I 11 U 44-14, juris.

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