" … (1.) Der Feststellungsantrag der Kl. ist bereits unzulässig."
Nach der umfangreichen außergerichtlichen Korrespondenz muss das Feststellungsbegehren der Kl., die eine Deckungszusage “über die Deckungszusagen vom 26.3.2014, 18.8.2014 und 16.9.2014’ hinaus unter Zugrundelegung eines vorläufig angenommenen Streitwertes von 460.160 EUR verlangt, ausgelegt werden.
Für die Auslegung von Prozesserklärungen ist – ebenso wie bei materiell-rechtlichen Willenserklärungen – nicht allein der Wortlaut maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus den Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Für die Auslegung eines Klageantrags ist daher auch die Klagebegründung heranzuziehen. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 21/99, NJW 2001, 3789).
Zu Recht weist die Kl. darauf hin, dass sie von der Bekl. eine Deckungszusage hinsichtlich einer angestrebten Feststellungsklage gegen die behandelnden Ärzte und Krankenhäuser für die außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit erster Instanz begehrt hat. Da es bei dieser beabsichtigten Rechtsverfolgung nur um die Ersatzpflicht dem Grunde nach geht, spielt für das kostenrelevante Obsiegen und Unterliegen die Höhe eines Schmerzensgeldanspruchs, eines materiellen Schadensersatzanspruches einschließlich eines Haushaltsführungsschadens keine Rolle. Lediglich für die Höhe der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten kommt es auf die Streitwertfestsetzung durch das Gericht an, die durch die vorläufige Streitwertangabe i.S.v. § 61 GKG beeinflusst werden kann. Die beabsichtigte Geltendmachung außergerichtlicher Kosten im Arzthaftungsprozess gegen die behandelnden Ärzte und Krankenhäuser, die unter Zugrundelegung des hohen Streitwertes beziffert war, ist nach § 4 ZPO dabei streitwertneutral.
Daraus folgt, dass der Streit zwischen den Parteien lediglich eine Abstimmungsfrage hinsichtlich der Obliegenheit der Kl. betroffen hat, durch ihr Verhalten die Kosten der beabsichtigten Klage nicht grundlos zu erhöhen. Um die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage und die Frage der Mutwilligkeit dem Grunde nach i.S.v. § 18 Abs. 1 AVB ging es nicht.
Die Abgrenzung zwischen der Frage der Mutwilligkeit i.S.v. § 18 Abs. 1 AVB und der Schadensminderungsobliegenheit i.S.v. § 17 Abs. 5c) cc) AVB bzw. § 82 VVG muss wie folgt erfolgen: Lehnt der VR den Deckungsschutz ab, weil er die Klageanträge (teilweise) für ohne Aussicht auf Erfolg oder für mutwillig hält, dann geht es um die (teilweise) Deckungszusage dem Grunde nach mit der Folge, dass der Anwendungsbereich von § 18 AVB betroffen ist und eine Feststellungsklage zur Klärung der Eintrittspflicht des VR zulässig ist. Geht es dagegen nicht um die Leistungsablehnung dem Grunde nach, sondern um die Frage, ob der VN bei der Durchsetzung der Klageanträge, deren Deckung der Rechtsschutzversicherer nicht rechtzeitig nach § 18 AVB abgelehnt hat oder denen er sogar dem Grunde nach zugestimmt hat, von zwei möglichen Wegen nicht den kostengünstigeren Weg eingeschlagen hat, dann ist die Frage der Schadensminderungsobliegenheit und einer Kürzung der Einstandspflicht betroffen (allgemein hierzu: Obarowski, in: MüKo-VVG, Anh. zu § 125 Rn 293).
Nach den Schreiben der Bekl. vom 26.3.2014, 18.8.2014 und 16.9.2014 war der Kl. deutlich geworden, dass die Bekl. Deckungsschutz für die beabsichtigte Feststellungsklage erteilt hatte, lediglich mit der vorläufigen Streitwertangabe der Kl. von insgesamt 460.160 EUR nicht einverstanden war. Im Schreiben vom 18.8.2014 hatte sie die Höhe des von der Kl. bei der Streitwertangabe zugrunde gelegten Schmerzensgeldes von 400.000 EUR als zu hoch bezeichnet Auch wenn die Formulierung dieses Schreibens in der Tat Zweifel aufkommen ließ, ob die Deckungszusage nicht sogar über die beabsichtigte Feststellungsklage hinausging und sogar eine Leistungsklage zugelassen hätte, war aufgrund von § 18 Abs. 1 AVB beiden Parteien klar, dass die Bekl. später nicht mehr die fehlende Erfolgsaussicht bzw. die grundsätzliche Mutwilligkeit der angekündigten Klageanträge der Feststellungsklage einwenden konnte ( … BGH VersR 2003, 638).
Es kommt hinzu, dass die Bekl. selbst auf Seite zwei dieses Schreibens formuliert hatte, dass sie keine Ablehnung wegen fehlender Erfolgsaussicht erkläre, sondern es ihr um eine “Abstimmung’ mit der Kl. um die Höhe des zu berücksichtigenden Schmerzensgeldes ginge.
Auch im Schreiben vom 16.9.2014, in dem die Bekl. den aus ihrer Sicht anzunehmenden Höchstbetrag des Schmerzensgeldes von 230.000 EUR auf 280.000 EUR erhöht hatte, wandte sie sich in keiner Weise dem Grunde nach gegen die angekündigte Feststellungsklage. …
Dass die Kl. die Deckungszusage entsprechend verstanden hat und ihr Feststellungsbegehren sich lediglich auf den Meinungsunterschied der Parteien hinsichtlich der Angabe des vorläufigen Streitwertes bei der beabsichtigten Feststellungsklage bezog, zei...