ARB § 18 § 17 Abs. 5c
Leitsatz
Eine Feststellung, dass der VR verpflichtet ist, eine sich auch auf einen bestimmten Streitwert erstreckende, dem Grunde nach unstreitige Deckungszusage für eine arzthaftpflichtrechtliche Feststellungsklage zu erteilen, kann der VN nicht zulässigerweise beanspruchen.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.10.2015 – 5 U 20/15
Sachverhalt
Die Kl. verlangt die Feststellung, dass die Bekl. verpflichtet ist, ihr eine Deckungszusage für eine Arzthaftungsklage zu erteilen.
Nach einer Operation am 19.6.2013 konnte die Kl. ihre Beine nicht mehr bewegen. Außerdem trat eine Blasen- und Mastdarmlähmung ein. Erst am 31.10.2013 wurde die Kl. aus einer Klinik entlassen, in die sie nach Auftreten der Lähmungserscheinungen verlegt worden war. In den ersten drei Monaten nach der Operation war die Kl. komplett vom Bauchnabel abwärts gelähmt. Bei Klageerhebung konnte sie stehen und ein paar Schritte mit einem Rollator laufen. Die Blasen- und Mastdarmlähmung und die Bewegungseinschränkungen werden dauerhaft verbleiben. Ihren Beruf als Disponentin kann sie nicht mehr ausüben, ihren Haushalt nicht mehr versorgen. Die Einschränkungen der Kl. haben zu einer depressiven Symptomatik geführt.
Am 21.3.2014 bat die Prozessbevollmächtigte der Kl. die Bekl. um eine Deckungszusage für ihre außergerichtliche Tätigkeit gegenüber den betroffenen Kliniken. Mit Schreiben vom 26.3.2014 erklärte die Bekl. Deckungsschutz für die außergerichtliche Tätigkeit dem Grund nach und bat um weitere Abstimmung.
Mit Schreiben vom 11.7.2014 übersandte die Prozessbevollmächtigte der Kl. den Entwurf einer Klageschrift und jeweils Kostennoten für das beabsichtigte Klageverfahren und die außergerichtliche Tätigkeit unter Ansatz eines Streitwertes von 460.160 EUR. Mit der Klage beabsichtigte die Kl. die Feststellung des Ersatzes allen materiellen und immateriellen Schadens wegen der fehlerhaften ärztlichen Behandlung und Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten. Der Streitwert war in der Klageschrift mit vorläufig 460.160 EUR angegeben.
Die Bekl. teilte daraufhin mit, dass sie Deckungsschutz für die beabsichtigte Klage gewährt, allerdings nur betreffend eines Schmerzensgeldes i.H.v. 230.000 EUR. Außerdem teilte die Bekl. ausdrücklich mit, dass sie die Reduzierung des Schmerzensgeldes nicht als Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussichten ansehe, sondern als Abstimmung. Lediglich vorsorglich wies sie auf die Möglichkeit eines Stichentscheides hin.
Die Kl. erhob im Anschluss daran die beabsichtigte Klage gegen die Ärzte und Kliniken unter Angabe eines vorläufigen Streitwertes von 460.160 EUR.
Sie verlangte in erster Instanz die Feststellung, dass die Bekl. verpflichtet ist, ihr eine Deckungszusage für eine Arzthaftungsklage zu erteilen, mit der sie den Ersatz von materiellem und immateriellem Schaden verfolgen will unter Zugrundelegung eines vorläufig angenommenen Streitwertes von 460.160 EUR und Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 1.100,51 EUR, berechnet aus einem Streitwert von 16.061,82 EUR
2 Aus den Gründen:
" … (1.) Der Feststellungsantrag der Kl. ist bereits unzulässig."
Nach der umfangreichen außergerichtlichen Korrespondenz muss das Feststellungsbegehren der Kl., die eine Deckungszusage “über die Deckungszusagen vom 26.3.2014, 18.8.2014 und 16.9.2014’ hinaus unter Zugrundelegung eines vorläufig angenommenen Streitwertes von 460.160 EUR verlangt, ausgelegt werden.
Für die Auslegung von Prozesserklärungen ist – ebenso wie bei materiell-rechtlichen Willenserklärungen – nicht allein der Wortlaut maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus den Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Für die Auslegung eines Klageantrags ist daher auch die Klagebegründung heranzuziehen. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 21/99, NJW 2001, 3789).
Zu Recht weist die Kl. darauf hin, dass sie von der Bekl. eine Deckungszusage hinsichtlich einer angestrebten Feststellungsklage gegen die behandelnden Ärzte und Krankenhäuser für die außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit erster Instanz begehrt hat. Da es bei dieser beabsichtigten Rechtsverfolgung nur um die Ersatzpflicht dem Grunde nach geht, spielt für das kostenrelevante Obsiegen und Unterliegen die Höhe eines Schmerzensgeldanspruchs, eines materiellen Schadensersatzanspruches einschließlich eines Haushaltsführungsschadens keine Rolle. Lediglich für die Höhe der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten kommt es auf die Streitwertfestsetzung durch das Gericht an, die durch die vorläufige Streitwertangabe i.S.v. § 61 GKG beeinflusst werden kann. Die beabsichtigte Geltendmachung außergerichtlicher Kosten im Arzthaftungsprozess gegen die behandelnden Ärzte und Krankenhäuser, die unter Zugrundelegung des hohen Streitwertes beziffert war, ist nach § 4 ZPO dabei streitwertneutral.
Daraus folgt, dass der Streit zwischen den Parteien lediglich eine Abstimm...