Die Entscheidung des OLG Frankfurt gibt Anlass, auf ein Problem hinzuweisen, das in der Praxis kaum einmal als Problem gesehen wird. Ein vom Gericht geladener und vernommener Zeuge kann einen Anspruch auf Entschädigung gegenüber zwei Schuldnern haben.
I. Anspruch gegenüber der Staatskasse
Gem. § 379 S. 1 ZPO kann das Prozessgericht die Ladung eines Zeugen davon abhängig machen, dass der Beweisführer einen hinreichenden Vorschuss zur Deckung der Auslagen zahlt, die der Staatskasse durch die Vernehmung des Zeugen erwachsen. Der Anspruch des Zeugen gegenüber der Staatskasse bestimmt sich nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 JVEG nach den Bestimmungen des JVEG. Für die Entschädigung von Zeugen ist Abschnitt 5 des JVEG mit seinen §§ 19 ff. maßgebend. Danach erhält der Zeuge u.a. Fahrtkostenersatz nach § 5 JVEG und Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 20 JVEG. Die Staatskasse zahlt dann an den Zeugen die ihm nach Maßgabe des JVEG zustehende Entschädigung aus, die im Regelfall – jedenfalls weitgehend – durch den nach § 379 S. 1 ZPO erforderten Vorschuss gedeckt ist. Die an den Zeugen nach dem JVEG gezahlten Beträge werden nach Nr. 9005 GKG KV in den Gerichtskostenansatz eingestellt und vom Kostenschuldner angefordert, soweit der Entschädigungsbetrag durch den Vorschuss nicht vollständig gedeckt ist.
Dem Zeugen steht ein Anspruch auf Zahlung seiner Entschädigung gegen die Staatskasse dann nicht zu, wenn er dem Gericht gegenüber auf seine Entschädigung verzichtet hat. Dies wird in der Praxis vielfach begrifflich nicht ganz zutreffend als "Gebührenverzichtserklärung" bezeichnet. Eine solche Verzichtserklärung wird oft dann abgegeben, wenn der Zeuge von der Partei gestellt wird (siehe den Fall des OLG Nürnberg RVGreport 2011, 434 [Hansens] = AGS 2011, 515) oder wenn der Zeuge kurzfristig benannt wird, so dass nicht genügend Zeit für die Anforderung eines Auslagenvorschusses durch das Prozessgericht, dessen Zahlung und Verbuchung bei der Justizkasse und der Übermittlung einer entsprechenden Zahlungsanzeige durch die Justizkasse an das Prozessgericht verbleibt. Dem Grunde nach zutreffend neigt das OLG Frankfurt dazu, dass eine solche Verzichtserklärung des Zeugen lediglich den Entschädigungsanspruch gegenüber der Staatskasse nach den Vorschriften des JVEG betrifft.
II. Erstattungsanspruch des Beweisführers
Ein Motiv für die Abgabe einer Verzichtserklärung des Zeugen gegenüber der Staatskasse kann sein, dass der Zeuge sich den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Durchsetzung seines Entschädigungsanspruchs gegenüber der Staatskasse ersparen will. Hierzu muss der Zeuge nämlich bei dem hierfür zuständigen Beamten seine Auslagen geltend machen und ggf. auch belegen, was bei so manchem Gericht einige Wartezeit erfordert. Erstellt der Beamte dann eine entsprechende Auszahlungsanweisung an den Zeugen, so muss dieser oft mehrere Wochen warten, bis die Justizkasse den Betrag an ihn überweist. Eine Verzichtserklärung wird jedoch auch häufig aus den Erwägungen abgegeben, dass damit das Verfahren nach § 379 S. 1 ZPO erspart werden soll.
Zahlt der Beweisführer dann dem Zeugen dessen Entschädigung direkt, so sind dies in aller Regel notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn sich diese Zahlung an die Vorgaben des JVEG hält (OLG Nürnberg a.a.O.; OLG Frankfurt/Main JurBüro 1983, 1253; KG NJW 1975, 1423; OLG Jena OLG-NL 1999, 191; OLG Koblenz NJW-RR 1997, 1293 = Rpfleger 1997, 498 und JurBüro 1086, 1406).
Ggf. muss die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Zeugen gesondert geprüft werden; dies gilt aber nur bei einem von der Partei selbst gestellten Zeugen (siehe den Fall des OLG Nürnberg a.a.O.), nicht jedoch für den vom Gericht aufgrund eines Beweisbeschlusses geladenen Zeugen.
Im Regelfall wird man auch davon ausgehen können, dass der erstattungsberechtigte Beweisführer dem Zeugen zur direkten Zahlung seiner Entschädigung verpflichtet ist. Normalerweise wird nämlich ein Zeuge mit Abgabe seiner Verzichtserklärung gegenüber der Staatskasse nicht gegenüber jedermann auf seinen Entschädigungsanspruch verzichten. Im Regelfall wird man eine solche Verpflichtung des erstattungsberechtigten Beweisführers zur direkten Zahlung der Entschädigung an den Zeugen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen haben. Hier hat das OLG Frankfurt aus dem Vorbringen der Bekl., der Verzicht sei "auch ein Akt der Großzügigkeit gegenüber seiner Mutter", zu deren Nachteil gefolgert, eine Zahlungsverpflichtung der Mutter bestehe nicht.
III. Vorgehensweise des Prozessbevollmächtigten
Die direkte Zahlung der beweispflichtigen Partei an den Zeugen kann aus vielerlei Gründen vorteilhaft sein. Hierbei sollte der Prozessbevollmächtigte des Beweisführers darauf achten, dass der Zeuge ausdrücklich nur gegenüber der Staatskasse auf seine Entschädigung verzichtet. Außerdem sollte sich der Beweisführer gegenüber dem Zeugen verpflichten, ihn auf der Grundlage des JVEG zu entschädigen.
IV. Auswirkungen auf die Kostenerstattung
Wird der Zeuge aus der Staatskasse entschädi...