EFZG § 6 Abs. 1
Leitsatz
Auch bei der Geltendmachung übergegangener Ansprüche nach § 6 Abs. 1 EFZG gegen den Verursacher eines Verkehrsunfalls muss der Arbeitgeber den Vollbeweis (§ 286 Abs. 1 ZPO) dafür erbringen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einer unfallbedingt eingetretenen Verletzung beruhte.
LG Saarbrücken, Urt. v. 15.7.2016 – 13 S 51/16
Sachverhalt
Der Kl. macht aus übergangenem Recht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, an dem eine Arbeitnehmerin des Kl. beteiligt war. Die volle Eintrittspflicht der Bekl. ist unstreitig.
Der Kl. hat Schadensersatz für geleistete Entgeltfortzahlung mit der Begründung verlangt, seine Arbeitnehmerin sei bei dem Unfall verletzt worden und deshalb in dem Zeitraum der Entgeltfortzahlung arbeitsunfähig gewesen. Die Bekl. hat bestritten, dass die Arbeitnehmerin des Kl. unfallbedingt arbeitsunfähig gewesen sei.
Das AG hat die Arbeitnehmerin des Kl. als Zeugin vernommen und sein stattgebendes Urteil auf die Bekundungen der Zeugin gestützt. Aufgrund der Angaben der Zeugin stehe es fest, dass die Zeugin aufgrund der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen für die Zeit der Entgeltfortzahlung des Kl. arbeitsunfähig gewesen sei. Entscheidend für den Regressanspruch des Kl. sei es, dass eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe.
Mit ihrer Berufung verfolgte die Bekl. die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Abweisung der Klage. Das AG habe nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Klärung etwaiger unfallbedingter Verletzungen entscheiden dürfen. Hilfsweise beantragte die Bekl., das Verfahren und die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
Der Kl. lässt zur Verteidigung des Urteils des AG vortragen, dass es für den Regressanspruch des Kl. nicht auf unfallbedingte Verletzungen der Zeugin ankomme, sondern allein entscheidend sei, dass der behandelnde Arzt die Krankschreibung als Folge des Verkehrsunfalls vorgenommen habe.
Die Berufung führte zur Aufhebung der Entscheidung des AG einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens und zur Zurückverweisung an das AG.
2 Aus den Gründen:
"Nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO darf das BG die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens zurückverweisen, soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Das ist hier der Fall."
1. Ein wesentlicher Verfahrensfehler i.S.d. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegt vor, da der Erstrichter unter Verletzung des § 286 Abs. 1 ZPO eine gebotene Beweiserhebung unterlassen hat (BGH, st. Rspr.; vgl. Urt. v. 20.7.2011 – IV ZR 291/10, VersR 2011, 1392; OLG München, Urt. v. 20.2.2015 – 10 U 1722/14, juris m.w.N.) Nach dieser Vorschrift ist der Richter verpflichtet, sich mit dem Streitstoff umfassend auseinanderzusetzen und den Sachverhalt durch die Erhebung der angetretenen Beweise möglichst vollständig aufzuklären (BGH, st. Rspr.; vgl. Urt. v. 18.11.2003 – XI ZR 332/02, WM 2004, 27 m.w.N.). Nur bei einem zulässigen Ablehnungsgrund darf er hiervon absehen (vgl. BGH, Urt. v. 20.4.1983 – VIII ZR 46/82, MDR 1984, 48). Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Entscheidung nicht. Denn der Erstrichter hätte vom seinem Rechtsstandpunkt aus (vgl. hierzu BGHZ 167, 155; BGH, Urt. v. 20.4.1983 – VIII ZR 46/88) die Beweisaufnahme nicht auf die Vernehmung der Zeugin A beschränken dürfen, sondern weiteren Beweis zur Frage einer unfallbedingten Verletzung der Zeugin erheben müssen.
a) Die Frage, ob ein Anspruchsteller bei einem Unfall überhaupt verletzt worden ist, betrifft die haftungsbegründende Kausalität und unterliegt damit den strengen Beweisanforderungen des § 286 ZPO (BGH, st. Rspr.; vgl. Urt. v. 8.7.2008 – VI ZR 274/07, VersR 2008, 1126 und v. 17.9.2013 – VI ZR 95/13, VersR 2013, 1406, jeweils m.w.N.; eingehend auch OLG München, Urt. v. 21.5.2010 – 10 U 2853/06, juris m.w.N.). Der Anspruchsteller hat insoweit Tatsachen vorzutragen und ggf. zu beweisen, die die Annahme einer Körperverletzung bzw. Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB, §§ 7 Abs. 1, 11 StVG und deren Unfallkausalität begründen können (vgl. BGH, Urt. v. 17.9.2013 a.a.O.). An den entsprechenden Klagevortrag dürfen zwar keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Erforderlich ist aber, dass der Geschädigte die bei ihm aufgetretenen Beschwerden zumindest laienhaft beschreibt und behauptet, dass diese auf den Verkehrsunfall zurückzuführen sind, so dass der Tatrichter in die Lage gebracht wird, die Verletzung sowie deren Unfallkausalität im Bestreitensfall einer Beweiserhebung zuzuführen (vgl. OLG Celle NJW-RR 2004, 1367; Laumen, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, Grundlagen, 3. Aufl., Kap. 9 Rn 80 f.).
b) Dieser Darlegungslast hat der Kl. vorliegend genügt, indem er unter Bezugnahme auf einen Arztbericht v. 27.3.2014 behauptet hat, die Zeugin A habe durch den Verke...