" … Im Ergebnis zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen. Der Kl. steht kein Anspruch auf Invaliditätsleistungen aus dem bei der Bekl. unterhaltenen Unfallversicherungsvertrag für die von ihr geltend gemachten beiden Unfälle im November 2007 zu, da die Bekl. wegen einer Obliegenheitsverletzung der Kl. nicht zur Leistung verpflichtet ist."
Nach § 9 Nr. II AUB 88 hat der VN die von dem VR übersandte Unfallanzeige wahrheitsgemäß auszufüllen. Vorliegend hat die Kl. die in der Unfallanzeige der Bekl. unter Nr. 34 gestellte Frage nach weiteren Unfallversicherungen bei anderen Gesellschaften nicht beantwortet. In dem Offenlassen der Frage nach dem Bestehen weiterer Unfallversicherungen liegt das Verschweigen eines weiteren bestehenden Unfallversicherungsvertrags (vgl. BGH VersR 1982, 182).
Nach § 10 AUB 88 wird der VR bei Verletzung einer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls ihm gegenüber zu erfüllenden Obliegenheit von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Vorliegend ist von einer vorsätzlichen Verletzung der Obliegenheit zu wahrheitsgemäßen Angaben durch die Kl. auszugehen. Die Kl. hat zwar insoweit erklärt, lediglich aus Versehen die Frage nach anderen Unfallversicherern nicht beantwortet zu haben. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Zum einen erscheint bereits nicht nachvollziehbar, wenn ansonsten alle Fragen beantwortet werden, dass gerade diese Frage versehentlich nicht beantwortet worden sei. Um so weniger glaubhaft erscheint ein versehentliches Offenlassen der Frage im Hinblick darauf, dass die Kl. am selben Tage, also dem 15.6.2008, sowohl die Unfallanzeige für die Bekl. als auch für die H Versicherung gefertigt hat; angesichts dessen erscheint die behauptete versehentliche Nichtangabe der anderen Unfallversicherung bereits nicht glaubhaft. Dies gilt jedoch umso mehr, als die Kl. auch in der Unfallanzeige bei der H Versicherung gerade die Frage nach weiteren Unfallversicherungen offen gelassen hat und dies sogar zweimal, nämlich sowohl am 15.6.2008 als auch am 10.7.2008. Die dreimalige Nichtbeantwortung der Frage nach weiteren Unfallversicherern kann mit einem versehentlichen Offenlassen der Frage schlechterdings nicht mehr erklärt werden. Im Hinblick darauf muss vielmehr von einem vorsätzlichen Verschweigen der jeweils weiteren Unfallversicherung ausgegangen werden.
Die Kl. kann insoweit auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Bekl. habe ja gesehen, dass die Frage nicht beantwortet worden sei, und deshalb bei der Kl. entsprechend Nachfrage halten können. Die Bestimmungen über die Aufklärungspflicht tragen dem Gedanken Rechnung, dass der VR, um sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, sich darauf verlassen muss, dass der VN von sich aus richtige und lückenlose Angaben über den Versicherungsfall macht. Enttäuscht der VN dieses Vertrauen, indem er vorsätzlich Fragen des VR nicht oder nicht richtig beantwortet, so kann er sich hinterher nicht darauf berufen, dass der VR den wahren Sachverhalt von dritter Seite noch zeitig genug erfahren habe. Ebenso wenig kann der VN geltend machen, dass sich der VR die erforderlichen Informationen anderweitig hätte beschaffen können. Dies würde eine Verkennung des Wesens der Aufklärungspflicht bedeuten. Durch sie soll der Aufklärungspflichtige zur Abgabe von vollständigen und richtigen Angaben angehalten werden. Sie würde in ihr Gegenteil verkehrt und in ein Recht zur Lüge verwandelt werden, wenn der Aufklärungspflichtige ihre vorsätzliche Verletzung damit rechtfertigen könnte, dass der VR in der Lage gewesen sei, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben zu durchschauen. Daher besteht in solchen Fällen auch kein Anlass, dem VR nach Treu und Glauben die Berufung auf seine eingetretene Leistungsfreiheit zu versagen. …
Die Kl. wurde auch hinreichend über ihre Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben und der Rechtsfolge bei Verletzung dieser Verpflichtung belehrt. Unmittelbar über dem Unterschriftenfeld befindet sich in der Unfallanzeige die entsprechende Belehrung, die zudem noch durch einen Rahmen deutlich hervorgehoben ist und mit “Wichtige Hinweise zu den vertraglichen Obliegenheiten‘ überschrieben ist.
Das Verschweigen des weiteren Unfallversicherers war auch insoweit nicht folgenlos, als die Bekl. dadurch keinen Zugang zu den Unterlagen des Mitversicherers hatte und ihr daher wichtige Unterlagen für die Beurteilung ihrer Leistungspflicht fehlten. Dadurch leistete die Bekl. im Jahre 2009 ohne Einholung eigener Sachverständigengutachten an die Kl. Invaliditätsentschädigung. Erst im November 2011 erlangte die Bekl. Kenntnis von dem anderen Unfallversicherer und der von diesem veranlassten Begutachtung. Die fehlende Kenntnis von dem Bestehen eines weiteren Unfallversicherungsvertrags bei einer anderen Gesellschaft ist geeignet, die Interessen des Unfallversicherers in ernster Weise zu gefährden, dies gilt schon allein im Hinblick auf die Gefahr der Unkenntnis von Umständen, aus ...