LVwVfG § 36 Abs. 2 Nr. 4; StVG § 2 Abs. 4 S. 1, 2; FeV § 11 S. 1 § 13 S. 1 § 23 Abs. 2 S. 1 § 25 Abs. 3; Anlage 4 zur FeV Nr. 8.1 Nr. 8.2 Nr. 8.3 Nr. 8.4; Anlage 9 zur FeV Schlüsselzahl 05.08 (kein Alkohol)
Leitsatz
1. Im Fall eines beendeten Alkoholmissbrauchs (Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV) darf der Fahrerlaubnis im Regelfall keine Auflage i.S.v. § 2 Abs. 4 S. 2 StVG und § 23 Abs. 2 S. 1 FeV beigefügt werden.
(Amtlicher Leitsatz)
2. Bei dem Zusatz "“05.08‘ kein Alkohol auch außerhalb Straßenverkehr" zur Fahrerlaubnis handelt es sich um eine Nebenbestimmungi.S.v. § 36 LVwVfG in Gestalt einer selbstständig anfechtbaren Auflage gem. § 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG und nicht um eine nicht mit der Anfechtungsklage anfechtbare Inhaltsbestimmung.
3. Die im Rahmen der durchzuführenden Verhältnismäßigkeitsprüfung gebotene Abwägung zwischen der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem durch die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG (sowie ggf. durch die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG) gewährleisteten Interesse des Einzelnen an einer möglichst ungehinderten Teilnahme am öffentlichen Kfz-Verkehr wird durch den Verordnungsgeber hinsichtlich bestimmter häufig vorkommender Einschränkungen der Kraftfahreignung durch die Regelungen der Anlage 4 zur FeV abstrakt-generell vorstrukturiert. Soweit hiernach hinsichtlich einzelner Krankheiten bzw. Mängel für den Regelfall eine Beschränkung oder Auflage vorgesehen ist, ist der Rechtsanwender an diese Vorgabe nur in atypischen Einzelfällen nicht gebunden. Sieht die Anlage 4 zur FeV umgekehrt hinsichtlich einer Krankheit/eines Mangels keine Auflage vor, darf die Fahrerlaubnisbehörde i.d.R. nicht abweichend hiervon eine Auflage festsetzen.
4. Die Möglichkeit, eine Schlüsselzahl in das Führerscheindokument einzutragen, ist keine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Beschränkung der bzw. einer Auflage zur Fahrerlaubnis, sondern erlaubt der Verwaltung lediglich die effektivere behördliche Überwachung der Einhaltung von auf anderen Rechtsgrundlagen beruhenden Beschränkungen oder Auflagen.
(2–4 Leitsätze der Schriftleitung)
VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.12.2017 – 10 S 2263/16
Sachverhalt
Der Kl. wendet sich dagegen, dass ihm die Fahrerlaubnis unter der Auflage "“05.08‘ kein Alkohol auch außerhalb Straßenverkehr" erteilt und in seinem Führerschein im Feld 12 die Schlüsselzahl 05.08 eingetragen worden ist.
Auf die Berufung des Kl. hat der VGH Baden-Württemberg das Urt. des VG Sigmaringen v. 4.11.2016 (7 K 550/16) geändert und die der Fahrerlaubnis des Kl. vom 6.11.2015 beigefügte Auflage "“05.08‘ kein Alkohol auch außerhalb Straßenverkehr" des Landratsamts Alb-Donau-Kreis sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. v. 22.1.2016 aufgehoben.
2 Aus den Gründen:
" … Die Berufung des Kl. hat Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet. Die seiner Fahrerlaubnis vom 6.11.2015 beigefügte Auflage ““05.08‘ kein Alkohol auch außerhalb Straßenverkehr‘ des Landratsamts Alb-Donau-Kreis sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. vom 22.1.2016 sind rechtswidrig und verletzen den Kl. in seinen Rechten."
A. Die Klage ist zulässig.
I. Der Senat legt das Vorbringen des Kl. dahingehend sachdienlich aus, dass er sich unabhängig davon, ob die Eintragung der Schlüsselzahl 05.08 in seinen Führerschein – wie das Landratsamt meint – auch das Gebot einer Alkoholabstinenz außerhalb des Straßenverkehrs umfasst (vgl. hierzu näher unten B. II. 2. b) aa)), gegen den seiner Fahrerlaubnis beigefügten, vom Landratsamt in dem Formular über die Fahrerlaubniserteilung im Feld “Auflage‘ eingetragenen Zusatz ““05.08‘ kein Alkohol auch außerhalb Straßenverkehr‘ wendet; der Senat hat dementsprechend den vom Kl. in der ersten Instanz gestellten Antrag ohne inhaltliche Änderung wie im Tatbestand des Senatsurteil ersichtlich präzisiert. Einer Kombinierung dieses Antrags mit einem (weiteren) Anfechtungsantrag gegen die Eintragung der Schlüsselzahl 05.08 in den Führerschein des Kl. bedurfte es nicht. Wie sich insb. aus § 25 Abs. 3 FeV ergibt, dokumentiert die Eintragung einer Schlüsselzahl in das Führerscheindokument lediglich den Erlass einer Beschränkung oder Auflage zur Fahrerlaubnis, stellt aber mangels Verwaltungsaktqualität des Führerscheins selbst keine selbstständig anfechtbare Beschränkung oder Auflage dar. Auch brauchte die Anfechtungsklage gegen die Auflage ““05.08‘ kein Alkohol auch außerhalb Straßenverkehr‘ nicht mit einer Leistungsklage gerichtet auf Ausstellung eines neuen Führerscheins ohne den Eintrag der Schlüsselzahl 05.08 flankiert zu werden; soweit die einer Fahrerlaubnis beigefügte Beschränkung oder Auflage entfällt, hat die Fahrerlaubnisbehörde von Amts wegen die ihrer Grundlage beraubte Schlüsselzahl aus dem Führerscheindokument zu entfernen bzw. ein entsprechendes neues Dokument auszustellen.
II. Wie das VG zutreffend angenommen hat, handelt es sich bei dem der Fahrerlaubnis des Kl. beigefügten Zusatz ““05.08‘ kein Alkohol auch außerhalb Straßenverkehr‘ auch um eine selbstständig anfechtbare Auflage.
Gegen belastende Nebe...