1. Kann der Käufer wegen der Mangelhaftigkeit eines gekauften Kfz Nacherfüllung verlangen, kann er nach seiner freien Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Nachlieferung verlangen (§§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB). Diesen Anspruch muss er zunächst geltend machen, bevor er auf Rücktritt und die anderen Gewährleistungsrechte zugreifen kann (vgl. BGH NJW 2005, 1348; OLG Saarbrücken NJW 2009, 369). Die Ersatzlieferung in der Nacherfüllungsphase bietet für den Käufer, der Verbraucher ist, den Vorteil, dass er anders als im Falle des Rücktritts keinen Wertersatz für gezogene Nutzungen zu leisten hat (EuGH NJW 2008, 1433, BGH NJW 2009, 427 Rn 13; Pfeiffer NJW 2009, 412).
2. Eine Ersatzlieferung ist bei einem Stückkauf, etwa dem Kauf eines Gebrauchtwagens, nicht möglich (vgl. BGH NJW 2002, 2839; BGH NJW 2008, 1517). Die Kaufsache mit den mannigfaltigen Gebrauchsspuren ist zu einem Unikat geworden; sie kann nicht durch eine gleichartige Sache ersetzt werden (vgl. Witt NJW 2017, 3681 [3682]).
3. Anders verhält es sich bei einem Neufahrzeug. Wird ein Pkw aus dieser Gattung gekauft, ist eine Ersatzlieferung solange möglich, als die Gattung besteht, eine "Auffüllung" des Wagenbestandes durch die Produktion jeweils gleicher Fahrzeuge stattfindet. Ist allerdings die Gattung insgesamt mangelhaft – alle Kfz sind vom Abgasskandal erfasst – ist eine Nachlieferung eines fehlerfreien Pkw nicht möglich. Obwohl § 440 BGB den Fall der Unmöglichkeit nicht aufführt geht der Anspruch auf Nacherfüllung unter, wenn nach der allgemeinen Vorschrift des § 275 BGB von einer Unmöglichkeit der Nachlieferung auszugehen ist. Wird ein Kfz einer bestimmten Modellreihe nicht mehr produziert und weist die neue Modellreihe – wie hier – durchgreifende Änderungen auf, ist die Gattung untergegangen, der das ursprünglich gekaufte Fahrzeug angehörte. Der Nachlieferungsanspruch ist unmöglich geworden (vgl. Matusche-Beckmann in Staudinger, Neubearbeitung 2014, § 439 Rn 97; Reinking/Eggert "Der Autokauf", 13. Auflage, Rn 727). Geringfügige Modelländerungen führen bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht zum Untergang der Gattung und des Ersatzlieferungsanspruchs. Da der Ersatzlieferungsanspruch für den Verkäufer mit größeren Aufwendungen verbunden ist als die Mangelbeseitigung, wird der Händler bei Kenntnis eines bevorstehenden Modellwechsels auf Zeit spielen, um der teureren Variante der Nacherfüllung zu entgehen.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 2/2018, S. 89 - 92