StPO § 464b § 311 Abs. 2; RVG VV Nr. 7003 7006
Leitsatz
1. Das Beschwerdeverfahren gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Rechtspflegers in Strafsachen richtet sich nach StPO-Grundsätzen, so dass für die Einlegung der sofortigen Beschwerde die Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO gilt.
(Leitsatz der Schriftleitung)
2. Hat der Verteidiger anlässlich der Geschäftsreise übernachten müssen, so sind die Übernachtungskosten nicht in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn der Verteidiger ein Doppelzimmer gebucht hat und eine weitere Person mit übernachtet. In diesem Fall sind auch nicht die fiktiven Einzelzimmerkosten zu erstatten, weil dies eine nicht gerechtfertigte Bevorteilung der übernachtenden weiteren Person in Höhe der auf sie entfallenden, tatsächlich angefallenen Kosten bedeuten würde. Vielmehr sind nur die auf den Verteidiger entfallenden hälftigen Kosten zu erstatten.
(Leitsatz des Gerichts)
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.1.2014 – 1 Ws 254/13
Sachverhalt
Das LG hat den Angekl. durch rechtskräftig gewordenes Urt. vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Wertpapierhandelsgesetz (Insiderhandel) freigesprochen und die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angekl. der Landeskasse auferlegt. Hieraufhin hat der frühere Angekl. durch seinen in Dortmund ansässigen Wahlverteidiger die Festsetzung der ihm aus der Landeskasse zu erstattenden Kosten beantragt. Die Rechtspflegerin hat Absetzungen bei den hier nicht interessierenden Gebühren sowie bei den Übernachtungskosten in der Zeit vom 19.11.2012 bis 22.11.2012 (beantragt: 375,70 EUR; festgesetzt: 187,85 EUR) vorgenommen.
Gegen diesen seinem Verteidiger am 21.11.2013 zugestellten Beschluss hat der frühere Angekl. mit am 25.11.2013 beim LG eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers v. 22.11.2013 sofortige Beschwerde eingelegt.
2 Aus den Gründen:
" … I. 1. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 464b S. 3 StPO, § 104 Abs. 3 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 304 Abs. 3, 311 Abs. 2 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig."
a) Die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungsverfahren in Strafsachen richtet sich nach herrschender, vom Senat in st. Rspr. geteilter Auffassung nach StPO-Grundsätzen (vgl. BGH NJW 2003, 763; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 464b Rn 6; z.B. Senatsbeschl. V. 29.1.2010 – 1 Ws 203/09 und zuletzt v. 4.6.2013 – 1 Ws 9/13). Denn gem. § 464b S. 3 StPO sind auf das Verfahren und die Vollstreckung der Entscheidung die Vorschriften der Zivilprozessordnung (nur) entsprechend anzuwenden. Deshalb finden auf das Verfahren und die Vollstreckung der Kostenfestsetzung in Strafsachen die Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 103 ff., 794 ff. ZPO) lediglich insoweit Anwendung, als sie strafprozessualen Prinzipien nicht widersprechen (vgl. BGH, a.a.O.). Demgemäß richtet sich das Beschwerdeverfahren gegen Kostenfestsetzungen des Rechtspflegers in Strafsachen nicht nach den §§ 567 ff. ZPO, sondern nach den §§ 304 ff. StPO (vgl. BGH, a.a.O.).
b) Dies hat zur Folge, dass die – vorliegend eingehaltene – Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO gilt (BGHSt 48, 106, 108 m.w.N.; Senatsbeschl. wie vor), eine Abhilfemöglichkeit – anders als im Zivilverfahren nach § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO – abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 311 Abs. 3 S. 2 StPO) nicht besteht (§ 311 Abs. 3 S. 1 StPO; Senatsbeschl. wie vor; OLG Hamm NJW 1999, 3726; Rpfleger 1999, 436; Rpfleger 2004, 732; OLG Brandenburg Rpfleger 1999, 174; OLG Zweibrücken Rpfleger 1999, 176; OLG Karlsruhe MDR 1999, 321; OLG Frankfurt MDR 1990, 320; Meyer-Goßner, a.a.O., § 464b Rn 7), das Beschwerdegericht in der für Strafverfahren vorgesehenen Besetzung und nicht gem. § 568 S. 1 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden hat (Senatsbeschl. wie vor; Meyer-Goßner, a.a.O., § 464b Rn 7) und für die Begrenzung des Beschwerdewerts die Regelung des § 304 Abs. 3 StPO, wonach gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen die Beschwerde nur zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt, maßgeblich ist (Senatsbeschl. wie vor). Dieser Wert, der sich nach der Differenz zwischen dem beantragten und dem festgesetzten Betrag bestimmt, ist vorliegend erreicht.
2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde des früheren Angekl. in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
b) Mit Recht sind hingegen die bei den anwaltlichen Auslagen vorgenommenen Absetzungen erfolgt.
bb) Auch die geltend gemachten Übernachtungskosten des Verteidigers (Nr. 7006 VV RVG) i.H.v. 375,70 EUR hat die Rechtspflegerin entgegen der Auffassung des Verteidigers mit Recht um die Hälfte auf 187,85 EUR gekürzt. Die Übernachtungskosten, die zu den sonstigen Auslagen i.S.d. Nr. 7006 VV RVG gehören (vgl. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., Nr. 7003–7006 Rn 69), sind, soweit sie – wie hier – angemessen waren, in der vollen Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten zu ersetzen (Müller-Rabe, a.a.O., Rn 77). Tatsächlich angefallen sind für die dreimalige Übernachtung des Verteidigers aber ledi...