" … Im vorliegenden Fall hat der Geschädigte die Kl. durch die Erteilung der Vollmacht wirksam mit der Wahrnehmung seiner Interessen in Bezug auf die Abwicklung seiner Ansprüche aus dem Verkehrsunfall v. 6.10.2011 beauftragt. Es verstößt weder gegen die §§ 1, 2 BRAO noch ist es gem. §§ 134, 138 BGB sittenwidrig, wenn ein Rechtsanwalt das Mandat eines Unfallgeschädigten übernimmt, dem er von einer Reparaturwerkstatt empfohlen wurde. Dieser Grundsatz der von der höchstrichterlichen Rspr. ausdrücklich für die Empfehlung von Autovermietungen postuliert worden ist (vgl. BGH VersR 2006, 2910 ff.), kann uneingeschränkt auf Empfehlungen von Reparaturwerkstätten übertragen werden. Eine abweichende Beurteilung in Bezug auf eine mögliche Sittenwidrigkeit des Mandats bedarf deshalb jeweils der Feststellung weiterer Anhaltspunkte, aus denen sich ergibt, dass der Rechtsanwalt in gewolltem Zusammenwirken mit dem Empfehlenden tatsächlich auf dessen Veranlassung und in dessen Interesse tätig werden sollte, bzw. tätig geworden ist, und nicht etwa auf Veranlassung und im Interesse des ihn bevollmächtigenden Geschädigten (vgl. BGH a.a.O.)."
Die Bekl. hat zwar derartige Anhaltspunkte vorgetragen, wonach “die Familie H’ von der Beauftragung der Kl. keine Kenntnis gehabt habe und diese auch nicht gewünscht habe, dass die gesamte Schadensabwicklung über die vermittelnde Reparaturwerkstatt erfolgt sei, und dass es gar keinen (persönlichen) Kontakt zwischen dem Geschädigten und der Kl. gegeben habe. Sie hat den Beweis für diese Behauptungen jedoch nicht erbracht. Im Gegenteil: Der Zeuge H hat im Rahmen seiner in der Berufungsinstanz erfolgten Vernehmung bekundet, dass er sich, wenngleich auf Empfehlung der Reparaturwerkstatt, ganz bewusst für die Kl. als Rechtsbeistand entschieden habe, weil er sich von ihrer Zusammenarbeit mit der Reparaturwerkstatt Vorteile erhofft habe. Er hat darüber hinaus angegeben, dass es im weiteren Verlauf der Unfallabwicklung Kontakt zu der Kl. gegeben habe, weil sich die Schadensregulierung verzögert habe, und hierbei unter anderem eine Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung zur (Vor-)Finanzierung der Reparaturkosten von der Kl. zur Beschleunigung der Reparatur vorgeschlagen worden sei. Er hat auch bestätigt, dass die Kl. bei der Bekl. für ihn die Wertminderung i.H.v. 900 EUR geltend gemacht habe, die dann direkt an ihn ausgezahlt worden sei.
Nach den Angaben des Zeugen H kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kl., auch wenn sie der Reparaturwerkstatt über ihren Internetauftritt möglicherweise sog. “Stapelvollmachten’ und anderweitige Informationen zur Schadensregulierung zukommen lässt, im konkreten Fall nicht auf Veranlassung und im Interesse des Geschädigten tätig geworden ist. Allein die Tatsache, dass die Geltendmachung der Reparaturkosten naturgemäß auch im wirtschaftlichen Interesse der reparierenden Werkstatt liegt, steht dem nicht entgegen. Soweit der Zeuge H bekundet hat, dass er es so empfunden habe, dass die Kl. mehr die Interessen des Autohauses als die seinigen vertreten habe, konnte er hierfür keine konkreten Anhaltspunkte bzw. Beispiele nennen. Dass der Zeuge H letztendlich mit der Tätigkeit der Kl. unzufrieden gewesen ist, steht dem Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten, der auf die Kl. übergegangen ist, nicht entgegen.
Soweit die Bekl. mit Schriftsatz v. 9.9.2013 einwendet, dass eine wirksame Bevollmächtigung der Kl. durch den Zeugen H daran scheitere, dass dieser nicht Eigentümer des Fahrzeugs gewesen sei, ist dieses in rechtlicher Hinsicht unzutreffend. Denn der Zeuge H war im konkreten Fall unstreitig Besitzer des Fahrzeugs und damit (auch) Geschädigter. … “
Mitgeteilt von RA Gunnar Stark, Hamburg