" … II. … Der ASt. macht geltend, nach der Rspr. des EuGH gelte bei EU-Führerscheinen der Anerkennungsgrundsatz. Der AG und ihm folgend das VG wollten entgegen dieser Wertung quasi “durch die Hintertür’ eine Prüfungsbefugnis wieder einführen. Ein Wohnsitzverstoß, der es rechtfertigen könne, die Anerkennung eines EU-Führerscheins abzulehnen, liege nicht vor. In seinem Führerschein sei ein tschechischer Wohnsitz eingetragen. Auch die aus dem Ausstellerstaat herrührenden Informationen deuteten eher darauf hin, dass seinerzeit das Wohnsitzerfordernis geprüft und beachtet worden sei. Der Führerschein trage nämlich das Ausstellungsdatum “26.11.2012’. Zu diesem Zeitpunkt seien seit seiner Anmeldung in Tschechien (4.4.2012) mehr als 185 Tage verstrichen. Der AG und das VG stützten sich praktisch allein auf das auf der Rückseite des Führerscheins angegebene Datum “13.7.12’. Dass er seine Fahrerlaubnis aber faktisch erst mit der Ausstellung des Führerscheins am 26.11.2012 erhalten habe, werde völlig ignoriert. Zudem sei der Entscheidung des EuGH nicht zu entnehmen, dass der Betr. zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz bereits seit 185 Tagen im Ausstellermitgliedstaat gehabt haben müsse. Es reiche vielmehr aus, dass er an 185 Tagen im Kalenderjahr seinen ordentlichen Wohnsitz in dem betreffenden Staat habe."
Diese Einwände überzeugen nicht. In der Rspr. des EuGH ist geklärt, dass die EU-Führerscheinrichtlinie es der Bundesrepublik erlaubt, die Anerkennung einer Fahrerlaubnis abzulehnen, wenn sich aus dem Führerschein selbst oder aus anderen von dem Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Führerscheinrichtlinie ergibt (vgl. EuGH, Urt. v. 26.6.2008 – C-329/06 – Wiedemann und Funk, [zfs 2008, 473 =] NJW 2008, 2403; Beschl. v. 9.7.2009 – C-445/08 – Wierer, NJW 2010, 217; Urt. v. 1.3.2012 – C-467/10 – Akyüz, NJW 2012, 1341, jeweils m.w.N.[= zfs 2012, 359, Leits.]). Anders als der ASt. offenbar meint, hat der EuGH nicht etwa entschieden, dass durch die Eintragung eines im Gebiet des Ausstellermitgliedstaats liegenden Ortes im Führerschein die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG (3. Führerscheinrichtlinie) positiv bewiesen wird und sie daher von den Behörden anderer Mitgliedstaaten als unbestreitbare Tatsache hinzunehmen ist. Er geht vielmehr auch in diesen Fällen von einer Verpflichtung der Gerichte aus, zu prüfen, ob der Inhaber einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis zur Zeit des Erwerbs seines Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat hatte (Beschl. v. 26.4.2012 – C-419/10 – Hofmann, [zfs 2012, 351 =] NJW 2012, 1935). Dabei ist der Aufnahmemitgliedstaat in diesem Zusammenhang nicht auf jene Informationen beschränkt, die der Ausstellermitgliedstaat in den Führerschein aufnimmt, sondern berechtigt, von sich aus Informationen von einem anderen Mitgliedstaat einzuholen (vgl. EuGH, Beschl. v. 9.7.2009 – C-445/08 – Wierer, NJW 2010, 217/219). Es obliegt dann den nationalen Gerichten zu bewerten, ob die so gewonnenen Informationen der Behörden des Ausstellermitgliedstaates “unbestreitbar’ sind und ob sie belegen, dass der ASt. zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte (vgl. EuGH, Urt. v. 1.3.2012 – C-467/10 – Akyüz, NJW 2012, 1341 [= zfs 2012, 359, Leits.]).
Es begegnet auch keinen Bedenken, dass das VG für die Frage, ob der ASt. seinen Wohnsitz in Tschechien hatte, den Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis und nicht der Ausstellung des Führerscheins für maßgeblich erachtet hat. In der hier einschlägigen nationalen Norm des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV heißt es “Die Berechtigung nach Abs. 1’ gilt nicht wenn der Betreffende … “zum Zeitpunkt der Erteilung’ seinen Wohnsitz im Inland hatte. Die “Erteilung’ bezieht sich erkennbar auf die Fahrberechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV, d.h. das unter Nr. 10 vermerkte Datum der Fahrerlaubniserteilung (vgl. Anhang I Nr. 3 Buchst. d der Richtlinie 2006/126/EG) und nicht etwa auf das gem. Nr. 4a einzutragende Ausstellungsdatum des Führerscheindokuments. Nach der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist auch nicht davon auszugehen, dass dies im Widerspruch zu europäischem Recht steht. Derartige Bedenken hat auch der Verordnungsgeber bei der Anpassung des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV – wie seiner Begründung zur Änderungsverordnung v. 7.1.2009, VkBl 2009, 126; abgedr. bei Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 28 FeV Rn 7, entnommen werden kann – zu Recht nicht gehabt. Die EU-Führerscheinrichtlinie unterscheidet nicht in der Weise zwischen einer “Fahrerlaubnis’ und einem “Führerschein’, wie dies im deutschen Fahrerlaubnisrecht der Fall ist. In der Richtlinie wird in aller Regel derselbe Begriff verwendet unabhängig davon, dass es sich nach dem jeweiligen Sachzusammenhang zum Teil um die materielle Berechtigung (...