VVG § 205 Abs. 6
Leitsatz
Die Wirksamkeit der Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrags durch den VN für einen nicht vom VN gesetzlich vertretenen volljährigen Mitversicherten gem. § 205 Abs. 6 S. 1 VVG setzt nicht den Nachweis eines ununterbrochenen Krankenversicherungsschutzes für den Mitversicherten voraus.
BGH, Urt. v. 18.12.2013 – IV ZR 140/13
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung einer Mitversicherung in einer vom Kl. bei der Bekl. abgeschlossenen Krankheitskostenversicherung. In dem Vertrag war zunächst auch der am 29.11.1991 geborene Sohn (S) des Kl. als Mitversicherter einbezogen. Im November 2011 teilte die Bekl. dem Kl. wegen der Umstufung des S auf den Erwachsenentarif zum 1.1.2012 eine Erhöhung der Beiträge von 180,58 EUR auf 397,91 EUR mit. Der Kl. kündigte daraufhin die Mitversicherung des S mit Schreiben v. 27.11.2011 zum 31.12.2011. Die Bekl. teilte dem Kl. mit Schreiben v. 2.12.2011 mit, die Kündigung für den S werde erst wirksam, wenn er den Nachweis einer Anschlussversicherung erbringe. Tatsächlich schloss S in der Folgezeit keinen neuen Krankenversicherungsvertrag ab, so dass die Bekl. dem Kl. mitteilte, sie könne ihm eine Wirksamkeit der Kündigung des Vertrags für S nicht bestätigen.
2 Aus den Gründen:
[6] "… Der Kl. war berechtigt, die Mitversicherung seines volljährigen Sohnes mit Wirkung zum 31.12.2011 zu kündigen, ohne dass er eine nahtlose Anschlussversicherung für diesen nachweisen musste."
[7] 1. Gem. § 205 Abs. 6 S. 1 VVG kann der VN abweichend von den Absätzen 1 bis 5 eine Versicherung, die eine Pflicht aus § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllt, nur dann kündigen, wenn er bei einem anderen VR für die versicherte Person einen neuen Vertrag abschließt, der dieser Pflicht genügt. Nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG ist jede Person mit Wohnsitz im Inland verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung zu den dort genannten Bedingungen abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass der Versicherte über einen nahtlos angrenzenden Versicherungsschutz verfügt, wenn er seinen bisherigen Vertrag kündigt (vgl. BT-Drucks 16/4247 S. 68; ferner Senat VersR 2012, 1375 Rn 21 … ).
[8] 2. Die Frage, ob bei der Kündigung des für einen volljährigen Mitversicherten bestehenden Krankheitskostenversicherungsvertrags gem. § 205 Abs. 6 S. 1 VVG der Nachweis einer Anschlussversicherung seitens des VN erforderlich ist oder nicht, wird unterschiedlich beurteilt.
[9] a) Rspr. und Schrifttum gehen überwiegend davon aus, dass die Nachweispflicht in diesen Fällen nicht bestehe, da die Versicherungspflicht sich gem. § 193 Abs. 3 S. 1 VVG ausdrücklich auf den VN selbst sowie auf gesetzlich von diesem vertretene Personen beschränke (LG Stuttgart r+s 2013, 84 zur Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrags, in dem die volljährige Tochter des VN mitversichert wurde; LG Hagen zfs 2011, 40 für den Fall der Mitversicherung des geschiedenen Ehegatten … ). Die Gegenauffassung nimmt an, dass auch die volljährige mitversicherte Person unter § 193 Abs. 3 S. 1 VVG falle und daher der Nachweis eines Anschlussversicherungsschutzes erbracht werden müsse (Rogler, jurisPR-VersR 3/2011 Anm. 3; ders. in HK-VVG a.a.O. Rn 31; weitere Nachweise bei Rößler, VersR 2013, 1478, 1479).
[10] b) Die erstgenannte Ansicht trifft jedenfalls im Ergebnis zu. Der VN muss im Falle der Kündigung einer Krankheitskostenversicherung für einen von ihm gesetzlich nicht vertretenen volljährigen Mitversicherten nicht den Nachweis eines nahtlosen Krankenversicherungsschutzes für diesen führen.
[11] aa) Die Entbehrlichkeit des Nachweises lässt sich allerdings nicht damit begründen, dass den volljährigen Mitversicherten keine Versicherungspflicht gem. § 193 Abs. 3 S. 1 VVG treffe. Diese Vorschrift verwendet nicht den Begriff des VN, sondern verpflichtet jede Person mit Wohnsitz im Inland für sich und die von ihr gesetzlich vertretenen Personen einen Krankenversicherungsschutz zu unterhalten. Insoweit ist anerkannt, dass dieser Versicherungspflicht auch durch eine Mitversicherung eines volljährigen Versicherungspflichtigen Genüge getan werden kann (Voit, in: Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 193 Rn 9; § 205 Rn 43 … ).
[12] bb) Hieraus folgt jedoch nicht, dass der VN an der Kündigung eines Versicherungsvertrags für einen volljährigen Mitversicherten gehindert wäre. Durch § 205 Abs. 6 S. 1 VVG soll für den Versicherten ein nahtlos angrenzender Versicherungsschutz ermöglicht werden. Dieses Ziel wird durch § 207 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 VVG erreicht. Hiernach ist die versicherte Person, wenn der VN das Versicherungsverhältnis insgesamt oder für einzelne versicherte Personen kündigt, berechtigt, binnen zwei Monaten die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses im eigenen Namen zu erklären. Um dieses Fortsetzungsrecht zu gewährleiste...