BGB § 117 § 118 § 145 § 433
Leitsatz
1. Der Vertragsschluss zwischen zwei Teilnehmern einer online-Auktion des Anbieters einer ebay-Auktion erfolgt nicht im Wege einer Versteigerung i.S.d. § 156 BGB, sondern durch Angebot und Annahme i.S.d. §§ 145 ff. BGB.
2. Ein im Rahmen einer ebay-Auktion wirksam gefordertes Verkaufsangebot kann nur bei Vorliegen eines berechtigenden Grundes widerrufen werden. Fehlt ein solcher berechtigender Grund für den Abbruch der Auktion, kann der Käufer bei inzwischen durch eine anderweitige Veräußerung unmöglich gewordene Erfüllung des Anspruchs auf Übergabe und Übereignung des ebay-Objekts Schadensersatz verlangen. Dessen Höhe hängt davon ab, welchen Wert das ebay-Objekt zu dem Zeitpunkt hatte, an dem es hätte übereignet werden sollen.
OLG Hamm, Urt. v. 30.10.2014 – I-28 U 199/13
Sachverhalt
Der Kl. hat die Verurteilung der Bekl. auf Schadensersatz wegen der Nichterfüllung eines ebay-Kaufvertrags geltend gemacht. Die Bekl., die ein Gewerbe zum Vertrieb und Service von Fahrzeugteilen und Transportgeräten betreibt, stellte im September 2011 einen gebrauchten Gabelstapler in die Internetauktion des Anbieters ebay zum Verkauf ein und gab als Startpreis 1 EUR an. Der Kl., der bei ebay unter mehreren Nutzernamen registriert war, beteiligte sich an einer Vielzahl von Auktionen, die in erster Linie Fahrzeuge und Werkzeuge betrafen. Auch während der laufenden Auktion der Bekl. gab der Kl. am 20.9.2011 unter seinem Nutzernamen ein Gebot ab, das sich auf einen Maximalbetrag von 345 EUR belief. Das Gebot des Kl. würde von anderen Mitbietern nicht erreicht. Das nächsthöhere Gebot eines anderen Bieters lag bei 300 EUR. Die Bekl. beendete die Auktion vorzeitig, wobei die Restlaufzeit bei mehr als 12 Stunden lag. Das Gebot des Kl. und der anderen Teilnehmer wurden gestrichen. Die Ursache des Auktionsabbruchs lag darin, dass die Bekl. den Gabelstapler während der laufenden Auktion an einen anderen Interessenten für 5.355 EUR für dessen landwirtschaftlichen Betrieb verkauft hatte. Der Kl. erhielt von ebay eine Mitteilung über die Angebotsbeendigung, jedoch nicht über die Kontaktdaten der Bekl. Erst im Sommer 2012 setzte sich der Kl. mit der Bekl. in Verbindung, indem er an einer anderen von ihr begonnenen ebay-Auktion teilnahm und als Meistbietender den Zuschlag erhielt.
Der Kl. hat von der Bekl. die Auslieferung des Gabelstaplers gegen Zahlung von 301 EUR verlangt, bzw. hilfsweise für den Fall der Unmöglichkeit die Zahlung von Wertersatz von 7.000 EUR. Die Bekl. habe die Auktion nicht vorzeitig ohne dazu bestehende Rechtfertigung beenden dürfen, so dass der Kaufvertrag mit ihm als dem zuletzt Höchstbietenden zustande gekommen sei. Die Bekl. hat die Auffassung vertreten, dass sie zum Abbruch der Auktion berechtigt gewesen sei. Im Übrigen sei der Kl. als arbeits- und mittelloser Bieter nicht in der Lage gewesen, den Kaufpreis aufzubringen, so dass sein Begehren rechtsmissbräuchlich sei.
Das LG hat nach Einholung eines Gutachtens zum Wert des Gabelstaplers am Tage der Klageeinreichung die Bekl. zur Zahlung von 4.199 EUR verurteilt und in dem Verhalten der Bekl. eine zum Schadensersatz führende Nichterfüllung des aufgrund der ebay-Auktion zustande gekommenen Kauf gesehen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das BG schloss sich der Auffassung des LG an, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag trotz des Abbruchs der ebay-Auktion zustande gekommen sei, und verneinte eine für die Bekl. bestehende Möglichkeit zum Wegfall der vertraglichen Bindung durch vorzeitigen Abbruch der Auktion. Abweichend von der Entscheidung des LG sah das BG für die Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes den Wert des Gabelstaplers zum Zeitpunkt der Übereignungsverpflichtung im September 2011 als maßgeblich an.
2 Aus den Gründen:
" … Die Berufung der Bekl. ist unbegründet, weil das LG zutreffend davon ausgegangen ist, dass sie dem Kl. den durch den Auktionsabbruch entstandenen Schaden ersetzen muss. Dagegen ist die Berufung des Kl. teilweise begründet, weil das LG ihm zu Unrecht der Höhe nach nur einen Netto-Schadensbetrag zuerkannt hat."
I. Der Kl. kann von der Bekl. gem. §§ 280 Abs. 1, 283, 275, 433 Abs. 1 S. 1 BGB Schadensersatz i.H.v. insgesamt 5.054 EUR verlangen.
1. Die Bekl. war im Ausgangspunkt gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet, dem Kl. den von ihr angebotenen Gabelstapler Zug um Zug gegen Zahlung von 301,– EUR zu übereignen und zu übergeben, denn zwischen den Parteien ist ein entsprechender Kaufvertrag zustande gekommen.
Dabei vollzieht sich der Vertragsabschluss zwischen zwei Teilnehmern einer online-Auktion des Anbieters ebay Europe s.à.r.l. nicht als Versteigerung i.S.d. § 156 BGB, sondern durch Angebot und Annahme i.S.d. §§ 145 ff. BGB (BGH NJW 2005, 53).
a) Die Bekl. hat i.S.d. § 145 BGB ein verbindliches Angebot zum Verkauf des Gabelstaplers abgegeben, indem sie ihn auf der Website von eBay zur Versteigerung inserierte und die Internet-Auktion startete. Das Angebot richtete sich an die Person, die innerhalb der Laufzeit der Auktion ...