1. Pflicht zur Eigenverwertung
Zu entscheiden bleibt danach, ob der Geschädigte nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zur Eigenverwertung verpflichtet ist oder von dem Schädiger durch Vorlage eines zumutbaren Angebots auf eine Eigenverwertung verwiesen werden kann.
Wenn der Geschädigte den Wiederbeschaffungsaufwand beansprucht, kann er gehalten sein, von einer grundsätzlich zulässigen Verwertung Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm bietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen. Derartige Ausnahmen stehen zur Beweislast des Schädigers, müssen in engen Grenzen gehalten werden und dürfen nicht dazu führen, dass dem Geschädigten bei der Schadensbehebung die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden. Im Fall der Eigenverwertung ist eine so konkretisierte Schadensminderungspflicht gerechtfertigt, weil der Geschädigte mit der von ihm getroffenen Wahl der Schadensbehebung den Schädiger von der Verwertung ausgeschlossen hat. Er kann dann nicht erwarten, dass die Folgen einer unwirtschaftlichen Verwertung zu Lasten des Schädigers gehen. Hat sich der Geschädigte aus freien Stücken entschieden, die mit der Eigenverwertung verbundenen Mühen und Risiken auf sich zu nehmen, kann von ihm im Rahmen des Zumutbaren dann auch die Wahrnehmung der günstigsten Verwertungsmöglichkeit verlangt werden.
Zu Recht hat der BGH diese Grundsätze aber nicht auf den Fall übertragen, dass der Geschädigte die Verwertung zulässigerweise ganz dem Schädiger überlässt. Wollte man den Geschädigten nach § 254 BGB generell zur Eigenverwertung anhalten, würde die schadensrechtlich gewährleistete Wahlfreiheit schon im Grundsatz beschnitten. Dafür besteht, wie die Rechtsprechung zu Recht betont, keine Rechtfertigung, wenn die Annahme des Angebots dem Schädiger bzw. dessen Versicherung in gleicher Weise möglich ist wie dem Geschädigten. Das ist regelmäßig der Fall. Der Aufkäufer wird bereit sein, von dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung zu erwerben. Der Verkauf durch die Versicherung unterliegt auch keinen anderen rechtlichen Rahmenbedingungen als der Verkauf durch den Geschädigten. Denn bei dem Restwertaufkäufer handelt es sich regelmäßig nicht um einen Verbraucher i.S.d. §§ 475, 13 BGB. Zwar kann die Verwertung für den i.d.R. nicht ortsansässigen Schädiger (bzw. dessen Versicherung) mit einem höheren Aufwand verbunden sein als für den Geschädigten, etwa wenn er das Fahrzeug vor Ort untersuchen, fotografieren oder an den Käufer übergeben will. Allerdings ist der Schädiger im Rahmen des Herstellungsanspruchs auch sonst nicht davor gefeit, ggf. Handlungen am Ort des Geschädigten vornehmen zu müssen. Der damit verbundene Mehraufwand rechtfertigt deshalb bis zur Grenze der Treuwidrigkeit nicht die Überwälzung der Verwertung auf den Geschädigten. In der Praxis dürfte der Verwertungsaufwand auch durchaus beherrschbar sein. Über Fahrzeugdaten und -zustand ist die Haftpflichtversicherung häufig schon durch ein Schadensgutachten informiert, und die Abwicklung des Verwertungsgeschäfts wird auf dem gut funktionierenden Unfallwagenmarkt meist auch als Streckengeschäft möglich sein.
2. Pflicht zur Vermeidung von Verzögerungen
Allerdings kann der Geschädigte gegen § 254 Abs. 2 BGB verstoßen, wenn er die Andienung des Unfallfahrzeugs schuldhaft verzögert. Dem Geschädigten obliegt es, die Schadensabwicklung ohne schuldhaftes Zögern zu betreiben. Kommt es infolge seiner Verzögerung zu einem Wertverlust, muss der Geschädigte hierfür einstehen.
Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 254 BGB ist nicht etwa der generelle Verlust des Andienungsrechts, sondern eine Minderung des Schadensersatzanspruchs nach Abwägung der Mitverantwortungsanteile, also in dem Maß, in dem sich die Verletzung der Schadensminderungspflicht adäquat-kausal auf die Schadenshöhe ausgewirkt hat. Dies steht zur Darlegungs- und Beweislast des Schädigers. Im Ausgangsfall kann G daher ungeachtet der abgelaufenen Angebotsfrist des A den vollen Wiederbeschaffungswert verlangen, wenn nicht H darlegt und ggf. beweist, dass infolge der verzögerten Andienung nur noch ein geringerer Restwert zu erlösen ist, als er durch Veräußerung an A zu erzielen gewesen wäre.