FeV § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 4, S. 3
Leitsatz
1. Wer während einer im Inland festgesetzten Sperrfrist ein fahrerlaubnispflichtiges Kfz führt, macht sich auch dann nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbar, wenn er zuvor eine tschechische Fahrerlaubnis erworben hat.
2. Aus dem Urteil muss sich aber ergeben, dass die Sperrfrist im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 StVG getilgt ist. Die Mitteilung der Eintragung im Bundeszentralregister genügt nicht.
KG, Beschl. v. 25.8.2014 – (3) 121 Ss 71/14 (84/14)
Sachverhalt
Das AG hat den Angekl. wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist von 24 Monaten festgesetzt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angekl. hat das LG mit der Maßgabe verworfen, dass die Sperrfrist auf ein Jahr und drei Monate festgesetzt wurde. Grundlage der Verurteilung war das Fahren eines Kfz auf öffentlichen Straßen am 11.4.2012 trotz zweier seit 3.11.2010 bzw. 9.2.2012 laufender Sperrfristen.
Die Einlassung des Angekl., er habe am 28.6.2010 in Tschechien, wo er zuvor "häufig" gewesen sei, eine Fahrprüfung absolviert und eine Fahrerlaubnis erworben, hat das LG nach der Vernehmung einer Bekannten des Angekl. geglaubt, obwohl der Angekl. – mit unterschiedlichen Begründungen – weder am Tattag noch in der Hauptverhandlung einen Führerschein vorlegen konnte. Das LG ist aber davon ausgegangen, dass der Angekl. nach § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 FeV wegen einer nach der Fahrerlaubniserteilung angeordneten Sperrfrist zur Tatzeit kein Kfz führen durfte.
2 Aus den Gründen:
Die Revision des Angekl. hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Rechtsfehlerfrei hat das LG angenommen, dass die – angeblich – am 28.6.2010 erworbene Fahrerlaubnis der Republik Tschechien den Angekl. nicht dazu berechtigte, am Tattag, dem 11.4.2012, ein Kfz auf öffentlichem deutschen Straßenland zu führen. Das ergibt sich aus § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 FeV. Nach dieser Vorschrift gilt die Berechtigung, aufgrund eines EU-Führerscheins auch im Inland ein Kfz zu führen, nicht, wenn dem Inhaber aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Nach den ebenfalls rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist gegen den Angekl. durch Urt. des AG T v. 1.2.2012, rechtskräftig seit 9.2.2012, eine isolierte Sperrfrist nach § 69a Abs. 1 S. 3 StGB angeordnet worden, so dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 FeV am Tattag unzweifelhaft bestanden.
2. Die Einwendungen der Revision gegen die vom LG vorgenommene Subsumtion verfangen nicht. Weder die Vorschrift des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 FeV noch seine Anwendung im konkreten Fall widersprechen dem Recht der Europäischen Union. Insb. verstoßen sie nicht gegen Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG (sog. 3. EG-Führerscheinrichtlinie). Wie die GenStA zutreffend anmerkt, schreibt diese Vorschrift zwar die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine vor. Nach dem am 19.1.2009 in Kraft getretenen Art. 11 Abs. 4 S. 2 der 3. EG-Führerscheinrichtlinie, der dem Führerscheintourismus entgegenwirken soll und auf Fahrerlaubnisse anwendbar ist, die nach dem 19.1.2009 ausgestellt worden sind, lehnt ein Mitgliedstaat jedoch die Anerkennung der Gültigkeit eines solchen Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt worden ist, deren Fahrerlaubnis eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist. Das ist hier der Fall, denn der Angekl. führte ein Kfz, als ihm aufgrund des Urt. des AG T v. 1.2.2012 keine Fahrerlaubnis erteilt werden durfte. Denn gegen ihn war eine isolierte Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 S. 3 StGB) festgesetzt worden (vgl. OLG Köln NJW 2010, 2817 [nahezu identischer Sachverhalt bei Anwendung der noch unionsfreundlicheren 2. EG-Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG]). Die Rechtswirkung des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 FeV, dass der Angekl. nämlich nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG verfügte, trat auch ipse iure ein; eines gesonderten verwaltungsrechtlichen Aberkennungsaktes bedurfte es nicht (vgl. VGH München DAR 2008, 662; Mosbacher/Gräfe, NJW 2009, 801). Schließlich ergibt sich auch keine Friktion mit Unionsrecht, weil die ausländische Fahrerlaubnis als solche wirksam war (vgl. EuGH NJW 2007, 1863) und nicht an zusätzliche innerstaatliche Voraussetzungen geknüpft wird (vgl. OLG Köln a.a.O.), sie berechtigte den Angekl. lediglich nicht zum Führen von Kfz im Bundesgebiet.
3. Die GenStA weist indes zutreffend darauf hin, dass die Wirkung des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 FeV voraussetzt, dass die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, der zufolge keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf, im Verkehrszentralregister – jetzt Fahreignungsregister – eingetragen und nicht nach § 29 StVG getilgt ist (§ 28 Abs. 4 S. 3 FeV; vgl. OLG Oldenburg NZV 2011, 207; OLG Bamberg DAR 2013, 277). Das ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen.
Der Senat hat geprüft, ob dieser Darstellungsmangel, der sich als bloßer Formalverstoß erweisen kann...