HGB § 425 § 437 Abs. 1
Leitsatz
1. Bestimmt eine Schutzbriefversicherung, dass eine Haftung des VR nur nach Maßgabe der §§ 426, 437 Abs. 1 HGB in Betracht kommt, haftet der VR wie ein Frachtführer nach den gesetzlichen Haftungsbestimmungen des HGB. Die Haftung ist eine Obhutshaftung, die den Nachweis eines schuldhaften Verhaltens des Frachtführers nicht erfordert.
2. Begibt sich der Fahrer eines Rolls Royce Silver Shadow, der sich auf dem Plateau eines Abschleppfahrzeugs befindet, nach Ankunft in der Werkstatt in sein Fahrzeug und löst ohne auf die Anweisung des Fahrzeugführers des Abschleppfahrzeugs zu warten, die Handbremse, indem er den Wahlhebel des Automatikgetriebes von der Stellung "Parken" auf "Neutral" stellt, bevor das Plateau vollständig abgesenkt war und zieht er beim Bemerken dieses Vorgangs die Handbremse nicht wieder sofort an, liegt ein Mitverschulden vor, das mit 25 % in Ansatz zu bringen ist.
OLG Koblenz, Urt. v. 11.11.2014 – 3 U 706/14
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die beklagte Schutzbriefversicherung auf Ersatz des Schadens aus der im Rahmen der Pannenhilfe der Bekl. an seinem Pkw entstandenen Schaden in Anspruch. Der Kl., der Halter eines Oldtimers Rolls Royce Silver Shadow mit einer Erstzulassung im Jahre 1977 ist, ließ den Pkw aufgrund eines Defekts der Zündspule durch die von ihm verständigte Bekl., die ihrerseits ein Abschleppunternehmen beauftragt hatte, von dem Wohnort des Kl. zu einer Werkstatt abschleppen. Beim Aufladen zog der Mitarbeiter des Abschleppunternehmens den Oldtimer mittels einer Seilwinde auf das Abschleppfahrzeug und sicherte es für den Transport mit Spanngurten. Als das Abschleppfahrzeug mit dem Pkw des Kl. in der Werkstatt ankam, setzte sich der Kl. in seinen Wagen und stellte den Wahlhebel des Automatikgetriebes auf neutral. K löste die Spanngurte sowie die Seilwinde und betätigte sodann den Hebel zum Absenken des Plateaus des Abschleppfahrzeuges. Als das Plateau eine leichte Schrägstellung erreichte, setzte sich der Oldtimer rückwärts rollend, in Bewegung. Der Kl. betätigte die Betriebsbremse mit dem Fuß jedenfalls nicht so stark, dass hierdurch der rund 2,6 Tonnen schwere Oldtimer auf dem schrägen Plateau gestoppt worden wäre. Bei ausgeschalteten Motor ist ein Bremskraftverstärker bei dem Oldtimer nicht in Betrieb und die Betriebsbremse erzielt Bremswirkung nur mit wesentlich höherem Kraftaufwand. Noch bevor das Plateau auf dem Boden aufsetzte, rollten die Hinterräder des Oldtimers über die Ladekante hinweg und der Unterboden des Fahrzeugs schlug auf der Ladekante auf. Das Fahrzeug rollte weiter rückwärts, setzte mit dem Heck auf dem Boden auf und schlug, nachdem auch die Vorderräder vom Plateau gerollt waren, mit der Unterseite der Front auf der Ladekante auf. Das von dem Kl. eingeholte Privatgutachten ergab unter Berücksichtigung einer durch die Reparatur erreichten Wertverbesserung einen Reparaturaufwand von 9.568,54 EUR zur Beseitigung der bei dem Unfall entstandenen Schäden.
Mit der Klage hat der Kl. den Ersatz der Nettoreparaturkosten abzüglich der Wertverbesserung, die Kosten der Einholung des Gutachtens und die Kostenpauschale unter Berücksichtigung einer vorgerichtlichen Leistung der Bekl. verfolgt. Die Parteien haben darüber gestritten, ob das Unfallereignis auf eine fehlerhafte Bedienungsanweisung von K zurückzuführen sei oder ob der Kl. eigenmächtig die Handbremse gelöst habe, bevor das Plateau abgesenkt worden sei und ob auch beim Abladen des Fahrzeugs die Seilwinde zum Einsatz hätte kommen müssen.
Das LG hat nach Vernehmung des Zeugen K, der Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens und eines Gutachtens zur Höhe der erforderlichen Reparaturkosten die Klage abgewiesen. Mit der Berufung wendet sich der Kl. gegen ein von dem LG angenommenen Mitverschulden und tritt der Berechnung der Schadenshöhe durch das LG entgegen. Die Bekl. verteidigt das angefochtene Urteil und sieht ein Mitverschulden des Kl. schon darin, dass dieser ohne Anweisung von K die Sicherungen gegen ein Herabrollen des Pkw gelöst habe.
Sie hält die Erstattungsforderung hinsichtlich der Privatgutachterkosten für unbegründet, da dieses Gutachten völlig unbrauchbar sei.
Die Berufung des Kl. hatte nur in einem geringen Umfang Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … 1) Dem Kl. steht gegen die Bekl. gem. § 1 der Gruppenversicherungsbedingungen 1997 der A-Schutzbrief-Versicherungs-AG für die A Plus Mitgliedschaft zur Schutzbriefversicherung i.V.m. §§ 425, 437 Abs. 1 HGB (GA 36 ff., 37 Anlage B 1) ein Schadensersatzanspruch gegen die Bekl. zu. Danach haftet die Bekl. wie ein Frachtführer nach den gesetzlichen Haftungsbestimmungen des HGB. Die Haftung der Bekl. ist eine Obhutshaftung, die den Nachweis eines schuldhaften Verhaltens des Frachtführers nicht erfordert (Baumbach/Hopt, HGB, 26. Aufl. 2014, Rn 1). Die Bekl. hat für einen mangelhaft durchgeführten Abschleppvorgang des von ihr beauftragten Abschleppunternehmens, der Firma Kfz-Betrieb A H einzustehen."
Die Haftung der Bekl. dem Grunde nach steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
Das LG ha...