I. Einleitung
Im Hinblick auf den anzurechnenden Restwert gab es in der Kfz-Haftpflichtschadenregulierung aufgrund der eingefahrenen Rechtsprechung des BGH zur Ermittlung und zur Anrechnung des Restwertes – soweit ersichtlich – keinen Streit, bis das OLG Köln in freier Rechtsschöpfung in einem Beschlussverfahren nach § 522 ZPO eine Entscheidung getroffen hat, die die Versicherungswirtschaft dankbar aufgegriffen und ihrer heutigen Schadenregulierung vielfach zugrunde gelegt hat. Diese Rechtsprechung des OLG Köln ist falsch, wie darzustellen sein wird. Vorher soll noch einmal auf die Grundsätze abgestellt werden.
II. Die Rechtsprechung des BGH zur Ermittlung des Restwertes
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist der Restwert der Wert, den der Geschädigte auf dem allgemeinen, für ihn zugänglichen, also regionalen Gebrauchtwagenmarkt bei einem seriösen Gebrauchtwagenhändler, ggf. im Wege eines Kopplungsgeschäftes erzielen kann. Danach kann der Geschädigte nicht auf einen höheren Restwerterlös verwiesen werden, der nur auf einem erst durch den Schädiger eröffneten Sondermarkt, etwa durch die Einschaltung spezieller Restwertaufkäufer, zu erzielen ist. Mit Urteil vom 7.12.2004 hatte der BGH judiziert, dass ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet ist, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig hatte der BGH völlig zu Recht ausgeführt, dass sich der Geschädigte einen höheren Restwerterlös anrechnen lassen muss, den er bei tatsächlicher Inanspruchnahme eines solchen Sondermarktes ohne besondere Anstrengung erzielt.
III. Die Abwicklung der Veräußerung des Restwerte
Mit Urteil vom 12.7.2005 hat der BGH ausgeführt, dass der Geschädigte dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge tut und sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 S. 2 BGB a.F. gezogenen Grenzen hält, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Fahrzeuges zu dem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Der BGH hatte sich dann noch einmal am 15.6.2010 in der Entscheidung VI ZR 232/09 mit der Restwertproblematik beschäftigt und ausgeführt:
"Der Geschädigte, der sein beschädigtes Fahrzeug nicht reparieren lässt, sondern es veräußern und ein Ersatzfahrzeug anschaffen will, darf seiner Schadensberechnung im allgemeinen denjenigen Restwert zugrunde legen, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das seine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat."
Anderes gilt aber dann, wenn der Geschädigte für das Unfallfahrzeug ohne besondere Anstrengungen einen Erlös erzielt hat, der den von dem Sachverständigen geschätzten Betrag übersteigt.“
IV. Die Entscheidung des OLG Köln im Beschl. v. 16.7.2012
In der Entscheidung des OLG Köln wird im Wege der freien Rechtsschöpfung Folgendes ausgeführt:
"Der Geschädigte verletzt daher die ihm obliegende Schadensminderungspflicht, wenn er das Unfallfahrzeug zum Restwert veräußert, bevor dem Schädiger bzw. dessen Versicherung das Schadensgutachten zugegangen ist, denn dadurch nimmt er diesem die Möglichkeit, ihm ein besseres Angebot zu unterbreiten."
Mit diesem Beschluss setzt sich das OLG Köln in eindeutigen Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH. Die Entscheidung des BGH vom 12.7.2005 findet im Beschluss des OLG Köln keine Erwähnung, obwohl der BGH in der Entscheidung aus dem Jahre 2005 noch Folgendes ausgeführt hat:
"In einer solchen Situation braucht der Geschädigte kein weiteres Sachverständigengutachten zum Restwert einzuholen und muss grundsätzlich auch nicht den Haftpflichtversicherer über den beabsichtigten Verkauf seines beschädigten Fahrzeuges informieren, weil anderenfalls die ihm nach § 249 S. 2 BGB a.F. (jetzt § 249 Abs. 2 S. 1 BGB) zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen würde, die ihm die Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eröffnet und deshalb auf seine individuelle Situation und die konkreten Gegebenheiten des Schadenfalles abstellt [ … ]. Dies entspricht dem gesetzlichen Bild des Schadenersatzes, nach dem der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehen ist und grundsätzlich selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt [ … ]."
Wenn der Unfallgeschädigte in der vom BGH entschiedenen Fallgestaltung den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers über den beabsichtigten Verkauf des Unfallfahrzeuges nicht informieren muss, so muss er dies erst recht dann nicht, wenn er das Unfallfahrzeug im Vertrauen auf ein Sachverständigengutachten veräußert, das eine korrekte Restwertermittlung erkennen lässt. Entsprechendes hat der BGH in der angesprochenen Entscheidung bereits im Jahre 2005 judiziert. Von daher wundert es nicht, dass zahlreiche Gerichte der Entscheidung des OLG Köln nicht folgen. Die vom OLG Köln vertretene Auffassung unterläuft die Ersetzungsbefugnis des Geschädigten und f...