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Immer wenn ein Totalschaden eines Fahrzeuges nicht auszuschließen ist, gilt es neben dem jeweiligen Wiederbeschaffungswert insbesondere den Restwert des Fahrzeuges zu ermitteln – dies sowohl in der Kasko- als auch in der Haftpflichtschadenregulierung. Im Rahmen der Kaskoentschädigung hat sich der BGH jüngst mit der Steuerproblematik des Restwertes beschäftigt. In der Haftpflichtschadenregulierung beruft sich die Versicherungswirtschaft aktuell regelmäßig auf eine – wenn auch falsche – und nunmehr überholte Entscheidung des OLG Köln vom 16.7.2012. In einer neueren Entscheidung vom 30.7.2015 hat das OLG Köln in Abkehr von der älteren Beschlussentscheidung aus dem Jahre 2012 entschieden, dass den Geschädigten keine Nachfrageobliegenheit vor Veräußerung der Restwerte trifft.
A. Der Restwert in der Kaskoversicherung
I. Einleitung
Für die Entschädigung in der Kaskoversicherung finden nicht die Erwägungen und Regelungen des Schadenersatzrechtes Anwendung, sondern ausschließlich die vertraglich vereinbarten Regelungen, d.h. regelmäßig die vereinbarten AKB. Diese Regelungen dürfen indes nicht gegen zwingende Regelungen des VVG verstoßen und unterliegen der Kontrolle des AGB Rechtes (§§ 305 ff. BGB).
II. Definition
Der Restwert ist der Veräußerungswert des Fahrzeuges im beschädigten oder zerstörten Zustand.
III. Die Ermittlung des Restwertes
Bei der Berechnung des Veräußerungswertes des beschädigten Fahrzeuges ist von dem Preis auszugehen, den der Versicherungsnehmer selbst unter Vermittlung des Versicherers bei hinreichenden Bemühungen alsbald erzielen könnte. In der Praxis wird der Restwert regelmäßig vom Versicherer vorgegeben, beauftragt dieser doch regelmäßig den Sachverständigen nicht nur mit der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes und der Reparaturkosten, sondern zugleich mit der Ermittlung des Restwertes unter Einschluss von Restwertbörsen.
Wird im Einzelfall ein vom Versicherungsunternehmer zur Haftpflichtschadenregulierung eingeholtes Gutachten der Kaskoregulierung zugrunde gelegt, so ist zu beachten, dass – weil Vertragsrecht – die Rechtsprechung des BGH zur Ermittlung des Restwertes im Schadenrecht keine Anwendung findet. Hier ist bekanntlich der Restwert unter Berücksichtigung des örtlichen regionalen Marktes durch Einholung von drei konkreten Angeboten zu ermitteln.
IV. Veräußerung der Restwerte
Der Restwert des total beschädigten bzw. zerstörten Fahrzeuges wird bedingungsgemäß auf den Wiederbeschaffungswert angerechnet, ohne dass sich hierdurch etwas an der Eigentumslage ändert. Von daher bleibt der Versicherungsnehmer grundsätzlich in seinen Entscheidungen zur Veräußerung frei, wird indes vertraglich durch die Regelungen in den AKB verpflichtet, vor der Verwertung seines Fahrzeuges regelmäßig die Weisung des Versicherers einzuholen. Verstößt er hiergegen, so kann dies zu teilweiser Leistungsfreiheit führen. Stomper weist zu Recht daraufhin, dass der Versicherungsnehmer nicht gehalten ist, höhere Risiken einzugehen als die, die seinem gewöhnlichen Geschäftsgebaren entsprechen. So kann der Versicherungsnehmer regelmäßig nicht verpflichtet werden, sein Kraftfahrzeug gegen hohe Bargeldbeträge einem ihm unbekannten Händler zu überlassen.
V. Streit über die Höhe des Restwertes
Da die vertraglich vereinbarte Versicherungsleistung beim Totalschaden regelmäßig im Ersatz des Wiederbeschaffungswertes besteht und der Restwert insoweit allenfalls eine anrechenbare Position darstellt, sollte man meinen, dass über die Höhe des Restwertes kein Streit entsteht. Diese Einschätzung ist indes unzutreffend, weil der Restwerthöhe Bedeutung jedenfalls in den Fällen zukommt, in denen der Versicherungsnehmer trotz eines Totalschadens sein Fahrzeug weiternutzen und teilinstandsetzen möchte bzw. der Versicherungsnehmer die Zahlenwerke des vom Versicherer in Auftrag gegebenen Gutachtens hinterfragt und von daher eine Bindungsfrist für ein unterbreitetes Restwertangebot abläuft.
Nicht selten werden in vom Versicherer in Auftrag gegebenen Kaskogutachten durch die weisungsabhängigen Sachverständigen überhöhte Reparaturkosten und geringe Wiederbeschaffungswerte zugrunde gelegt, um nach Möglichkeit Totalschäden kalkulieren zu können. Von daher besteht ein berechtigtes Interesse des der Weisungsgebundenheit unterliegenden Versicherungsnehmers, die ermittelten Werte Wiederbeschaffungswert u...