FeV § 46 Abs. 1, 3 i.V.m. § 11 Abs. 7; FeV Anlage 4 Nr. 9.1
Leitsatz
Ein Fahrerlaubnisinhaber, der gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Betäubungsmittelkonsums einwendet, ein Dritter habe ihm diese Substanzen verabreicht und er habe dies nicht bemerkt, muss einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt.
BayVGH, Beschl. v. 19.1.2016 – 11 CS 15.2403
Sachverhalt
[1] I. Der ASt. wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, A2, AM, B und L und der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
[2] Nach einer Mitteilung der Landespolizeiinspektion S. v. 10.6.2015 an das Landratsamt Sch., Führerscheinstelle (im Folgenden: Landratsamt), ergab ein Drogenvortest im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 6.4.2015 um 3:20 Uhr beim ASt. ein positives Ergebnis auf die Substanzen Amphetamin/Metamphetamin und Cannabis. Der toxikologische Befund des Universitätsklinikums Jena, Institut für Rechtsmedizin, vom 23.5.2015 der mit Einverständnis des ASt. durchgeführten Blutentnahme erbrachte den Nachweis der Aufnahme von Cannabinoiden, Amphetaminen und Benzodiazepinen (Tetrahydrocannabinol 2,2 ng/ml, 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol 0,6 ng/ml, Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure 54 ng/ml, Amphetamin 90 ng/ml, Bromazepam ca. 100 ng/ml).
[3] Mit Bußgeldbescheid vom 2.7.2015 setzte die Thüringer Polizei – Zentrale Bußgeldstelle – gegen den ASt. wegen der Fahrt am 6.4.2015 unter Wirkung berauschender Mittel eine Geldbuße i.H.v. 500 EUR fest und ordnete ein einmonatiges Fahrverbot an. Über den hiergegen eingelegten, aber vom Prozessbevollmächtigten des ASt. noch nicht abschließend begründeten Einspruch wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden.
[4] Mit Bescheid vom 25.6.2015 entzog das Landratsamt dem ASt. die Fahrerlaubnis (Nr. 1), verpflichtete ihn unter Androhung eines Zwangsgelds (Nr. 4) zur Abgabe des Führerscheins spätestens sieben Tage nach Zustellung des Bescheids (Nr. 2) und ordnete hinsichtlich der Nr. 1 und 2 die sofortige Vollziehung an (Nr. 3). Der ASt. habe sich aufgrund der Einnahme von Betäubungsmitteln (Amphetamin, Benzodiazepine) als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Außerdem sei von einem zumindest gelegentlichen Cannabiskonsum und fehlendem Trennvermögen zwischen dem Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr auszugehen. Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich und auch nicht vorgebracht worden.
[5] Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs, den die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 24.8.2015 zurückgewiesen hat, ließ der ASt. durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 30.7.2015 vortragen, die festgestellten Betäubungsmittel seien "ohne Wissen und Wollen in das Blut … gekommen". Die Zeugin A. habe am 21.7.2015 angegeben, dem ASt., mit dem sie die Nacht habe verbringen wollen, ohne sein Wissen am Abend des 5.4.2015 "Betäubungsmittel mittels Plätzchen und Kakao beigebracht" zu haben. Im Verlauf des Abends sei es jedoch zu einer Streitigkeit gekommen und der ASt. habe sich dann entschieden, mit seinem Pkw alleine nach S. zu fahren und dort mit Freunden in Bars bzw. Discos zu gehen.
[6] Über die mit Schreiben vom 28.9.2015 erhobene Klage hat das VG Würzburg – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das VG mit Beschl. v. 13.10.2015 abgelehnt. Der ASt. sei wegen des Konsums von Amphetamin, Bromazepam und Cannabinoiden ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Hierfür reiche bereits der einmalige Konsum des Betäubungsmittels Amphetamin aus. Dem ASt. sei es auch angesichts der im Klageverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Zeugin A. … nicht gelungen, eine unbewusste Verabreichung von Betäubungsmitteln nachvollziehbar und plausibel darzulegen. Die Zeugin habe nicht näher dargelegt, welche Betäubungsmittel sie konkret in welcher Form verabreicht haben will. Die behauptete Verabreichung von Amphetaminen in gebackenen Plätzchen oder in erhitztem Kakao sei nicht plausibel, da die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sei, dass sich Amphetamin zersetze, wenn es auf mehr als 80°C erhitzt werde. Abgesehen von weiteren Ungereimtheiten sei auch nicht nachvollziehbar, dass die Zeugin die verschiedenen Betäubungsmittel zusammengemixt und gleichzeitig verabreicht haben wolle, obwohl sich deren Wirkungen teilweise gegenseitig aufheben würden. Angesichts der Erkenntnisse über den Abbau von Cannabis und Amphetamin ließen sich die im Blut des ASt. nachgewiesenen Konzentrationen nicht überzeugend mit seinen Schilderungen (Konsumende am 5.4.2015 gegen 21:00 Uhr, Blutentnahme am 6.4.2015 gegen 4:00 Uhr) vereinbaren. Vielmehr sei von einem zeitlich späteren Konsum auszugehen. Des Weiteren hätte eine erstmalige unbewusste Aufnahme von Amphetamin, Cannabis und Bromazepam zu s...