VHB 2010 A § 8 Nr. 1c (VHB 2013 Ziff. 3.1)
Leitsatz
Verspricht ein VR für den Fall der Unbenutzbarkeit einer Wohnung nach einem Leitungswasserschaden die Erstattung von Hotelkosten bis zu einer bestimmten Höchstgrenze, so ist es nicht Sache des VN darzulegen und zu beweisen, dass die Hotelkosten dem Betrag nach nicht überhöht sind. Der VR ist nur dann ganz oder teilweise leistungsfrei, wenn er darlegt und beweist, dass die tatsächlich entstandenen Kosten eine (schwer schuldhafte) Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit darstellen.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.1.2016 – 5 U 15/15
Sachverhalt
Der VN unterhielt bei der Bekl. einen Vertrag über eine Hausratversicherung. Die versicherte Wohnung war aufgrund eines Leitungswasserschadens vorübergehend unbenutzbar. Daraufhin bewohnte der VN mit seiner Lebensgefährtin für 62 Tage eine angemietete Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von 110 qm. Der Versicherungsschein bezeichnete als mitversichert den Ersatz der Hotelkosten für 100 Tage und als Höchstentschädigung je Tag 100 EUR. In den AVB (VHB 2013) hieß es:
"3.1. Welche Kosten übernimmt Ihre Hausratversicherung"
Versichert sind die folgenden, aufgrund eines Versicherungsfalls notwendigen und tatsächlich angefallenen Kosten:
3.1.8 Hotelkosten
Wir ersetzen Kosten für die Hotelunterbringung ohne Nebenkosten … , wenn ihre ansonsten ständig bewohnte Wohnung … unbewohnbar wurde und Ihnen die Beschränkung auf einen bewohnten Teil nicht zumutbar ist. Auch die Unterbringung in Pensionen, Gaststätten oder Ferienwohnungen gilt als Hotelunterbringung … Die Entschädigung pro Tag ist auf 3 Promille der Versicherungssumme begrenzt, Errechnet sich dabei ein Betrag von weniger als 100 EUR pro Tag, stellen wir Ihnen dennoch täglich 100 EUR zur Verfügung.“
Die Bekl. hatte sich gegen die Erforderlichkeit der Anmietung einer Doppelhaushälfte nach Fläche und Mietkostenhöhe gewandt. Das LG ist ihr darin gefolgt.
2 Aus den Gründen:
" … a) Darüber, dass die geltend gemachten Kosten der Anmietung der dem Vermieter des VN gehörenden Doppelhaushälfte der Regelung in Ziff. 3.1.8 “Hotelkosten’ unterfallen, streiten die Parteien nicht."
Das LG ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in verfahrensfehlerfreier Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass der Kl. der Nachweis gelungen ist, dass die erstattet verlangten Kosten dem VN in der geltend gemachten Höhe “tatsächlich entstanden’ sind … . Nach der plausiblen Einschätzung des erstinstanzlich bestellten Sachverständigen A steht ferner fest, dass ein Betrag von 100 EUR als Tagesmietpreis für die von dem Vermieter des VN als Ferienwohnung angemietete Doppelhaushälfte durchaus angemessen ist. Damit ist auch der von der Bekl. schon vorprozessual erhobene Einwand, die Kosten seien nicht als “ortsüblich angemessen anzusehen’, entkräftet. Hierüber wird in zweiter Instanz auch nicht mehr gestritten.
b) Entgegen der Ansicht des LG ergibt weder eine Auslegung der für den Umfang der Leistungspflicht allein maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen, dass die tatsächlich entstandenen Unterbringungskosten nur im Rahmen des Erforderlichen zu erstatten wären, noch kann dem VN ein zur Kürzung der Versicherungsleistung berechtigender Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit vorgeworfen werden.
aa) Versichert sind nach dem Wortlaut des den erstattungsfähigen Kosten in Ziff. 3.1. VHB 2013 vorangestellten Einleitungssatzes der Bedingungen “die folgenden, aufgrund eines Versicherungsfalls notwendigen und tatsächlich angefallenen Kosten’.
Ausgehend davon, dass die Bedingungen damit klarstellten, dass die Bekl. Kosten, die nicht notwendig sind, sondern auf übermäßigen Ausgaben des VN beruhen, schon dem Grunde nach nicht ersetzen wolle, hat das LG die Notwendigkeit der Kosten – und damit das Bestehen einer Erstattungspflicht der Bekl. – nur in Höhe des bereits erstatteten Betrags bejaht. Hinsichtlich des übersteigenden Teils, der Gegenstand der Berufungsinstanz ist, hat es die Notwendigkeit der Kosten verneint.
Es kann offen bleiben, ob die Notwendigkeit der Kosten eine vom VN darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzung ist, mit der Folge dass der Anspruch auf Erstattung von vornherein auch der Höhe nach nur im Umfang des Erforderlichen entsteht, oder ob der Einleitungssatz zu den erstattungsfähigen Kosten in Ziff. 3.1. VHB 2013 lediglich – vor die Klammer gezogen – zum Ausdruck bringt, dass die Kosten infolge des Versicherungsfalls – aber als dem Grunde nach notwendig – angefallen sein müssen (vgl. Dietz, Wohngebäudeversicherung, 2. Aufl., B3, S. 92 zu § 2 Nr. 1 VGB 88, nach dem die “infolge eines Versicherungsfalles notwendigen Kosten’ versichert sind).
Im letzteren Fall wäre der Einwand der Bekl., der VN habe überhöhte Kosten verursacht, nicht auf der Ebene der Anspruchsvoraussetzungen, sondern unter dem Gesichtspunkt einer – vom VR darzulegenden und zu beweisenden (vgl. Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 82 Rn 24) – Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit des VN zu prüfen (vgl. hierzu Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 8 ...