Das nach einer sorgfältigen und aufwändigen Beweisaufnahme gefällte Urteil zeigt, dass tatsächlich zutreffende gerichtliche Entscheidungen auch dann ergehen können, wenn sie kein einziges ihrer rechtlichen Probleme erkennen. Der VN hatte einen Haarwildschaden durch Kollision mit einem Wildschweinkadaver, nach der er bis zum Liegenbleiben des Wagens ein paar Kilometer weitergefahren war, am folgenden Tag telefonisch und zwei Tage später offenbar schriftlich "gemeldet". Das AG hat sich vom "Unfallgeschehen" (zu Recht) überzeugt. In vergleichbaren Fällen wäre es indessen wichtig, gewisse Rechtsfragen im Auge zu behalten:
1. Die erste sich stellende Frage wäre gewesen, ob ein "Zusammenstoß des in Fahrt befindlichen Fahrzeugs mit Haarwild" (AKB 2008 A 2.2.4) auch dann vorliegt, wenn das Haarwild schon tot ist, es sich also um eine an sich nur von einer Vollkaskoversicherung gedeckte Kollision mit einem Hindernis auf der Fahrbahn handelt. Das ist (entgegen OLG München VersR 1986, 863) anzunehmen, weil die AKB eine Bewegung des Tieres nicht verlangen, vom Zufall abhängen kann, ob bei starkem Verkehr gerade erst der VN das Haarwild getötet hat oder es schon vorher überfahren wurde, und es sich weiterhin um die Verwirklichung der typischen versicherten Gefahr handelt (OLG Nürnberg NJW-RR 1994, 537; OLG Saarbrücken VersR 2004, 1306).
2. Dass sich, zweitens, die Frage nach einer Verspätung der Anzeige gar nicht stellt, ergibt sich aus der in AKB 2008 E.1 geregelten Obliegenheit, die eine Anzeige innerhalb einer Woche vorsieht; selbst wenn man aber die selbst keine Sanktion enthaltende Vorschrift des § 30 Abs. 1 VVG anwenden würde, so ergibt sich jedenfalls aus § 30 Abs. 2 VVG, dass eine telefonische Unterrichtung des VR am Folgetag jede Berufung auf eine Obliegenheitsverletzung schon objektiv verbietet.
3. Schließlich ist es zwar denkbar, aber von vornherein fernliegend, dass eine Ausweitung oder Vertiefung des Haarwildschadens durch eine Weiterfahrt zu Lasten des VN geht. Das würde aber nicht aus § 254 BGB, sondern aus § 82 VVG folgen und voraussetzen, dass (1) das Verhalten des Fahrers dem VN zuzurechnen wäre, also eine Repräsentation vorlag (die mehr verlangt als die schlichte Benutzung des Kfz), (2) der Schaden durch sofortiges Anhalten gemindert worden wäre und (3) der Repräsentant vorsätzlich oder, falls die AKB das nicht abbedungen haben, grob fahrlässig gehandelt hätte (§ 82 Abs. 3 VVG) (OLG Saarbrücken zfs 2012, 273).
Aber, wie so oft: Sorgfältige Feststellungen (wie hier) lassen die Rechtsfragen in den Hintergrund treten.
PräsOLG Prof. Dr. Roland Rixecker
zfs 3/2016, S. 153 - 155