AHB BBR A IV
Leitsatz
1. Der Ausschluss von Haftpflichtansprüchen in der Privathaftpflichtversicherung wegen Schäden, die durch den Gebrauch eines Kfz verursacht sind ("kleine Benzinklausel"), setzt voraus, dass sich ein Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat.
2. "Gebrauch eines Fahrzeugs" kann auch eine vom Eigentümer oder Halter vorgenommene Reparatur an dem Fahrzeug sein, wenn sich hierbei die besonderen Gefahren des Fahrzeugs auswirken.
3. Entsteht bei Reparaturarbeiten mit einem Schweißgerät ein Brand, verwirklicht sich regelmäßig (und so hier) nicht das typische Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs, sondern das des Schweißgeräts, mögen die Schweißarbeiten auch den Zweck gehabt haben, das Fahrzeug für den Gebrauch instand zu setzen. Der verursachte Schaden steht dann dem Kraftfahrzeugrisiko bei natürlicher Betrachtung nicht näher als dem Privatrisiko. Deshalb greift (wie im "Heizlüfter"-Fall BGHZ 170, 182) der Deckungsausschluss der kleinen Benzinklausel nicht.
OLG Hamm, Urt. v. 2.10.2015 – 20 U 139/14
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. aus Anlass eines Brandschadenereignisses vom 9.2.2013 im vorweggenommenen Deckungsprozess aus einem Haftpflichtversicherungsvertrag auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes in Anspruch.
In den BBR der Bekl. heißt es im Abschnitt A. IV. unter der Überschrift "Was ist nicht versichert?" auszugsweise wie folgt:
"Neben den Ausschlüssen der AHB und den bei den einzelnen Abschnitten dieser BBR beschriebenen Ausschlüssen ist nicht versichert die gesetzliche Haftpflicht"
1. a) aus der Ausübung eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch öffentlichen Ehrenamtes) …
5. als Eigentümer, Besitzer, Halter oder Führer eines Kraft-, Luft-, Wasserfahrzeugs oder Kraftfahrzeuganhängers wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs oder Anhängers verursacht werden … “
Am 9.2.2013 kam es auf dem Betriebsgelände T-Straße 49a in C in einer von einem Herrn E U betriebenen Werkstatthalle zu einem Brandschadenereignis. Der Kl. hatte Arbeiten an einem Pritschenwagen durchgeführt, nachdem ihm Herr U gestattet hatte, die Werkstatt zur Durchführung dieser Arbeiten zu nutzen. Nachdem der Kl. nach dem Entfernen von auf der Ladefläche des Pritschenwagens befindlichen Holzbrettern eine Roststelle oder ein Loch entdeckt hatte, hatte er ein in der Werkstatt vorhandenes Schweißgerät an die Stromversorgung angeschlossen. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang dazu war es zum Ausbruch des Brandes gekommen, wobei die Parteien über dessen genaue Ursache streiten. Durch das Feuer entstanden Schäden an den Räumlichkeiten der Werkstatt und darin befindlichen weiteren Gegenständen.
Wegen am 9.2.2013 ebenfalls entstandener Beschädigungen an dem Pritschenwagen, wird die Fa. E U auf Schadensersatz i.H.v. 4.000 EUR mit der Behauptung in Anspruch genommen, sie sei Eigentümerin des Klein-Lastkraftwagens, welchen ein Herr N L im Januar 2013 in die Werkstatt des Herrn U verbracht habe, um dort Reparaturen an dem Fahrzeug vornehmen sowie eine sich anschließende Hauptuntersuchung durchführen zu lassen. Durch einen Brand sei u.a. der Klein-Lastkraftwagen vollständig zerstört worden.
Nachdem der Kl. den Schaden gegenüber der Bekl. meldete, lehnte diese die Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes unter Hinweis auf die sog. "kleine Benzinklausel" ab.
2 Aus den Gründen:
" … 2.) Die Klage ist auch begründet. Dem Kl. steht der klageweise verfolgte Deckungsanspruch aus § 100 VVG zu."
Hierbei kommt es – entgegen der Auffassung des LG – nicht darauf an, ob die Haftpflicht des Kl. festgestellt werden kann. Denn der VN hat einen Anspruch auf Gewährung von Deckungsschutz grds. bereits dann, wenn er von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Es ist ohne Belang, ob der Haftpflichtanspruch besteht oder nicht. Dieses sich aus dem prozessualen Trennungsprinzip ergebende Verbot, im Deckungsprozess bereits zu prüfen, ob eine Haftungslage gegeben ist, ist notwendig, weil es gerade Aufgabe des Haftpflichtversicherungsschutzes ist, nicht nur festzustellen, ob der VR Befreiung von begründeten Ersatzansprüchen schuldet, sondern vor allem auch, dass er im Rahmen seiner Rechtsschutzverpflichtung die Abwehr von unbegründeten Ansprüchen in eigener Zuständigkeit herbeizuführen hat. Diese notwendige Aufspaltung des Haftungsdreiecks in die Klärung der Haftpflichtlage im Haftpflichtprozess und der Deckungslage im Deckungsprozess führt grds. dazu, dass im Deckungsprozess nicht geprüft werden darf, ob der Anspruch des Geschädigten begründet ist oder nicht (vgl. nur BGH VersR 2001, 90 … ). Zu prüfen ist daher nur, ob der Geschädigte gegen den VN Haftpflichtansprüche i.S.v. Ziff. 1.1 AHB geltend macht und diese in den zeitlichen, räumlichen und sachlichen Umfang des versicherten Risikos fallen … .
Gemessen daran hat die Bekl. Deckung zu gewähren. Dass der Kl. i.S.v. § 100 VVG bzw. Ziff. 1.1 AHB wegen des Vorfalls vom 9.2.2013 von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersa...