Das 2005 erstmals erschienene und in der Fachpresse schon damals mit viel Lob aufgenommene Werk erscheint nun in dritter Auflage und inzwischen als Teil der Reihe "Nomos Prozesshandbuch". Dies ist auch gerechtfertigt, denn das Versicherungsrecht ist nicht nur materiell-rechtlich, sondern auch verfahrensrechtlich – trotz Geltung der ZPO – durchaus speziell, so dass man neben den sonstigen Handbüchern und Kommentaren ganz bewusst auch ein spezifisches Prozesshandbuch zur Hand haben sollte, wenn man sich mit der Materie beschäftigen muss. Diesem Umstand tragen die Herausgeber und Autoren auch Rechnung, indem sie den Fokus noch ein wenig mehr auf die Praxis gerichtet haben: mit zahlreichen neuen Urteilen, Formulierungsbeispielen und -vorschlägen, Prüfungsschemata und teilweise neuen Gewichtungen der Kapitel im Vergleich zur Vorauflage.
Auf beinahe 1.500 Seiten inkl. Verzeichnissen wendet sich das Buch an die Rechtsanwender. Im ersten großen Abschnitt werden allgemein die prozessrechtlichen Besonderheiten einer versicherungsrechtlichen Klage erläutert, wobei der Begründetheit der Klage samt der Frage der Bewertung und Auswirkung von Obliegenheitsverletzungen erwartungsgemäß viel Raum gewährt wird. Bezüglich der einzelnen Aspekte der Begründetheit von Ansprüchen wird zwischen den verschiedenen Versicherungsarten unterschieden und nach der Erläuterung vieler Einzelfälle die Überleitung auf Fragen der Darlegungs- und Beweislast vorgenommen – schön zu sehen etwa bei der schuldhaften Herbeiführung des Versicherungsfalls (S. 139 ff., Veith), wo insbesondere auf den fingierten bzw. vorsätzlich herbeigeführten Versicherungsfall eingegangen wird (S. 146 ff.). Interessanterweise wird in diesem Abschnitt auch die Prozessfinanzierung vorgestellt. Dieses in sonstigen zivilprozessualen Verfahren weniger bekannte Instrument wird von Eversberg erläutert und ausgewogen analysiert (S. 166 ff.).
Die folgenden vier Abschnitte befassen den Leser dann mit den verschiedenen Versicherungstypen, unterteilt in Sachversicherungen, Personenversicherungen, Haftpflichtversicherungen und Mischformen, worunter die D&O-Versicherung, die Rechtsschutzversicherung und die Kreditversicherung gefasst wurden. Innerhalb der einzelnen Kapitel und Unterkapitel werden konsequent Zulässigkeit, Begründetheit und Einwendungen angesprochen, diskutiert und geprüft, so dass man zum einen in kürzester Zeit methodisches Verständnis entwickeln kann, zum anderen auch gleichartige Elemente aller Versicherungsprozesse wiedererkennt und sich eine entsprechende gedankliche Routine einstellt. Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass sich die angesprochenen Problemfelder nicht auf die Spezialkammern der Landgerichte beschränken, sondern in etlichen Versicherungsarten auch Streitigkeiten auf amtsgerichtlicher Ebene entstehen können, wo der Rückgriff auf Hilfsmittel wie das vorliegende Handbuch mit Nachdruck zu empfehlen ist – etwa bei kleineren Schäden im Rahmen der Hausratversicherung und fehlender Gefahranzeige vor Schadenseintritt (S. 251, Hoenicke), bei der Frage der Kostenübernahme privater Heilbehandlungen (S. 596, Wendt), beim Wildschaden und Regulierung über die Kaskoversicherung (S. 697, Halbach) oder auch schlicht wenn es um die Kenntnis geht, welche Vergleichsregelungen in einem Zivilprozess von der Rechtsschutzversicherung noch getragen werden (S. 1395, Cornelius-Winkler).
Neben den reinen Ausführungen hat mich auch die Nachweistechnik der Autoren überzeugt, denn es wird nicht nur mit (echten) Fußnoten gearbeitet, sondern diese werden auch genutzt, um dem Leser weiterführende (z.B. S. 782, Fn 11, Schanz; S. 1038, Fn 189, Brügge) oder abweichende Informationen (S. 122, Fn 879, Veith) mitzuteilen, ohne dabei den originären Textfluss zu stören: So kann der Leser en passant ein deutlich besseres Gesamtbild der jeweiligen Konstellation erhalten und auch mögliche Besonderheiten des eigenen Falls schneller subsumieren.
Insgesamt hat mir das Handbuch gut gefallen, sowohl was die Bandbreite der Themen, die genutzte Systematik der Darstellung als auch die Detailfreude der Ausführungen der einzelnen Autoren angeht. Auf den Einsatz im zivilrechtlichen Dezernat bin ich jetzt schon sehr gespannt.
Autor: Dr. Benjamin Krenberger
RiAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
zfs 3/2016, S. 134