VVG § 28 § 44 § 45; WEG § 27; AVB Wohngebäude § 2 Nr. 1a, b § 11 § 15 § 18 § 21 Nr. 1c, Nr. 2a, aa § 23
Leitsatz
1. Die in zweiter Instanz erfolgende Berufung des VR auf die fehlende Aktivlegitimation der Versicherten eines von einer WEG abgeschlossenen Gebäudeversicherungsvertrags ist rechtsmissbräuchlich, wenn er sich zuvor uneingeschränkt auf eine Abwicklung des Schadensfalls mit dem Versicherten eingelassen hat.
2. Undichtigkeiten des Siphons einer Badewanne können den Versicherungsfall Nässeschaden auslösen.
3. Bestimmen AVB, dass die Haftung des Gebäudeversicherers entfällt, wenn der VN bei Vertragsabschluss Kenntnis von dem Eintritt eines Versicherungsfalls hat, besteht bei Unkenntnis des VN vertragsübergreifender Versicherungsschutz.
4. Der Kausalitätsgegenbeweis ist geführt, wenn zwischen dem Eintritt des Schadens und der Schadenanzeige nichts geschehen ist, was die Möglichkeit der Ursachenfeststellung beeinträchtigt hat.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.1.2016 – 5 U 61/14
Sachverhalt
Die Kl., Eigentümerin eines Apartments in einer WEG und versicherte Person eines von dieser seit 2003 bei der Bekl. unterhaltenen Gebäudeversicherungsvertrags, stellte Ende 2006 in ihrem neben dem Bad gelegenen Schlafzimmer Verfärbungen und Aufquellungen an Parkett und Fußleisten fest Ein von ihr Anfang 2007 eingeholtes Gutachten führte dies auf Undichtigkeiten der Sanitärinstallation des Bades zurück. Das teilte die Kl. im April 2007 der Bekl. mit. Die Bekl. führte eine Leckageortung und weitere Untersuchungen durch, die ein Loch am Siphon der Badewanne mit Außenkorrosion sowie Undichtigkeiten an einer Wasserzuleitung ergaben. Die Bekl. lehnte zunächst gegenüber der WEG eine Eintrittspflicht ab, korrespondierte aber nach einer Mitteilung der Kl., die WEG wolle sich nicht in die Schadenabwicklung einschalten, ausschließlich mit der Kl.
2 Aus den Gründen:
" … 2. Die Kl. ist zwar nicht aktivlegitimiert. Die Bekl. kann sich darauf nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) aber nicht berufen."
a) Die Kl. ist selbst nicht VN, sondern lediglich mitversicherte Person in dem von der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossenen Versicherungsvertrag. Gemäß § 20 Abs. 2 AVB ist sie nur mit Zustimmung der VN berechtigt, von der Bekl. Zahlung der Entschädigung zu verlangen. Für die Erhebung einer eigenen Klage fehlt ihr daher, auch soweit es um die Verfolgung von Schäden am Sondereigentum geht, die Aktivlegitimation. … Die von § 20 Abs. 2 AVB geforderte Zustimmung hat durch Beschluss der Wohnungseigentümer zu erfolgen. … Eine Einverständniserklärung des Verwalters … genügt nicht. Ein Fall der unter § 27 WEG fallenden Aufgaben und Befugnisse liegt nicht vor (OLG Köln r+s 2003, 371), insb. kann die Zustimmung zur Klageerhebung entgegen der von der Bekl. im Schriftsatz vom 14.10.2015 geäußerten Rechtsansicht nicht unter die Geltendmachung von Ansprüchen “im Namen aller Wohnungseigentümer‘ (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG) gefasst werden.
b) Das Fehlen der Aktivlegitimation macht die Klage unter den besonderen Umständen des Streitfalls indessen nicht unbegründet.
Soweit die Bekl. … die fehlende Aktivlegitimation geltend macht, handelt sie rechtsmissbräuchlich. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs des VR kommt in Fällen der vorliegenden Art insb. dann in Betracht, wenn er schon vor Klageerhebung mit dem Versicherten korrespondiert hat und dadurch keinen Zweifel daran aufkommen ließ, sich trotz seiner anders lautenden Vertragsbedingungen auf eine Abwicklung des Schadensfalls mit dem Versicherten anstelle des VN einzulassen (vgl. OLG Hamm VersR 2005, 934; 1997, 1098). Vor dem Hintergrund der jedenfalls seit dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kl. v. 26.9.2007 widerspruchslos mit dieser geführten vorgerichtlichen und dann auch gerichtlichen Korrespondenz handelt sie treuwidrig, wenn sie jetzt den Einwand fehlender Aktivlegitimation erhebt. Er ist deshalb nicht zu berücksichtigen.
3. Das LG hat der Kl. zu Recht Ansprüche auf Entschädigung der um die Jahreswende 2006/2007 erkennbar gewordenen Nässe- und Rohrbruchschäden in ihrer Eigentumswohnung zugesprochen.
a) Die in § 2 Nr. 1 und § 2 Nr. 2a) aa) AVB geregelten Versicherungsfälle (Nässeschäden durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser und Rohrbruch an Rohren der Wasserversorgung) sind in versicherter Zeit eingetreten.
(1) Diejenigen Entschädigungspositionen, welche die Beseitigung der eigentlichen Nässeschäden betreffen, sind der Kl. gem. § 2 Nr. 1a AVB i.V.m. §§ 11, 15, 21 Nr. 1c AVB zu ersetzen.
(a) Gemäß § 2 Nr. 1a AVB leistet der VR Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden. Versicherte Sachen sind gem. § 10 Nr. 1a, b AVB die im Versicherungsvertrag bezeichneten Gebäude mit Bestandteilen und Zubehör. Leitungswasser ist in § 2 Nr. 1b AVB definiert als Wasser, das aus Rohren oder Schläuchen der Wasserversorgung (Zu- oder Ableitungen) oder sonstigen mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen bestimmungswidrig austritt. Rohre si...