StVG § 25; OWiG § 62 § 103
Leitsatz
Ergehen Fahrverbote in zwei verschiedenen Verfahren und wird der Führerschein amtlich verwahrt, so beginnt die Verbotsfrist für das zweite Fahrverbot bereits mit Eintritt der Rechtskraft der Anordnung dieses Fahrverbots.
AG Frankfurt am Main, Beschl. v. 17.10.2016 – 970 OWi 157/16
1 Aus den Gründen:
"Die Stadt Frankfurt am Main hat das im Bußgeldverfahren gegen den ASt., Az. … zu vollstreckende einmonatige Fahrverbot parallel mit dem seit dem 10.10.2016 von der Stadt Stuttgart, Az. … bereits in der Vollstreckung befindlichen einmonatigen Fahrverbot zu vollstrecken."
Die Verwaltungsbehörde hat die dem ASt. in diesem Verfahren auf gerichtliche Entscheidung entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Antrag des Betr. auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig und begründet.
Ergehen Fahrverbote in zwei verschiedenen Verfahren und wird der Führerschein amtlich verwahrt, so beginnt die Verbotsfrist für das zweite Fahrverbot bereits mit Eintritt der Rechtskraft der Anordnung dieses Fahrverbots.
Dies stellt die inzwischen überwiegende Auffassung in der Rspr. dar (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 25 Rn 28 m.w.N; so auch bereits AG Frankfurt zfs 1994, 227), der sich das erkennende Gericht anschließt.
Sie liegt der Fall auch hier.
Die abweichende Ansicht des AG Stuttgart (NZV 2006, 328) entspricht nicht dem Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 2 StVG und arg. § 25 Abs. 2a StVG.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf den §§ 62 Abs. 2 S. 2, 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 StPO.
Dieser Beschl. ist nicht anfechtbar (§§ 62 Abs. 2 S. 3 OWiG).“
Mitgeteilt von RA Peter Hubel, Aalen
2 Anmerkung:
Es gibt keine klare gesetzliche Regelung zur Parallelvollstreckung von Fahrverboten, vgl. § 25 Abs. 2a S. 2 StVG, so dass im Zweifel eine gerichtliche Klärung über § 103 OWiG erfolgen muss. Es gibt dabei insgesamt vier Konstellationen: (1) mehrere privilegierte Fahrverbote; (2) mehrere sofortige Fahrverbote; (3) Mischfall aus (1) und (2); (4) Fahrverbot während einer Fahrerlaubnisentziehung.
Für den Fall (1) lautet die gesetzliche Regelung: Fahrverbote sind nacheinander zu vollstrecken in der Reihenfolge der Rechtskraft. Schafft es der Verteidiger aber, zeitgleich die Rechtskraft mehrerer Verfahren herbeizuführen, kann nach Ansicht einiger (Amts-)Gerichte eine parallele Vollstreckung stattfinden (vgl. AG Tecklenburg, Beschl. v. 28.10.2011 – 10 OWi 403/11 [b], juris; AG Hattingen zfs 2012, 233; AG Meißen DAR 2010, 339; s.a. OLG Hamm NZV 2010, 159; a.A. aber z.B. Hentschel/König/Dauer, § 25 StVG, Rn 30).
In Fall (2) wird ohnehin eine parallele Vollstreckung bejaht (vgl. nur AG Dillenburg, Beschl. v. 9.11.2012 – 3 OWi 2 Js 60458/11, juris; auch mit einem Fahrverbot nach § 44 StGB, vgl. BayObLG NZV 1993, 489).
In der Konstellation (3) ist die Parallelvollstreckung streitig (vgl. etwa AG Tiergarten DAR 2014, 406; AG Walsrode DAR 2013, 95; AG Bremen NZV 2011, 50; a.A. Hentschel/König/Dauer, s.o.; a.A. auch OLG Hamm DAR 2016, 32).
Für den Fall (4) wird immerhin eine analoge Anwendung des § 25 Abs. 2a S. 2 StVG zum Nachteil des Betr. für unzulässig erachtet (vgl. Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, S. 542; OLG Dresden NZV 1999, 432).
Abzugrenzen ist die Problematik der Parallelvollstreckung von der Konstellation, dass der Betr. mit einer Handlung zwei Tatbestände mit Fahrverbotsandrohung verwirklicht: Dann kann gegen ihn auch nur ein Fahrverbot im Urteil angeordnet werden (KG Berlin, Beschl. v. 12.12.2014 – 3 Ws (B) 601/14, juris), selbst bei Tatmehrheit (BGH NJW 2016, 1188).
RiAG Dr. Benjamin Krenberger
zfs 3/2017, S. 173 - 174