Nachdem der EuGH in der sog. Odenbreit-Entscheidung ausgeführt hatte, dass ein Geschädigter vor dem Gericht seines Wohnortes in einem Mitgliedsstaat bei einem Auslandsunfall gegen den ausländischen Haftpflichtversicherer Klage auf Schadensersatz erheben könne (zfs 2008, 139) und dieser Grundsatz vom BGH übernommen worden ist (BGH zfs 2008, 572), ist es entbehrlich geworden, im Ausland Klage auf Schadensersatz zu erheben (vgl. Riedmeyer, zfs 2008, 602). Die materielle Haftung ist nach dem jeweiligen Landesrecht, in dem der Schaden eingetreten ist, zu beurteilen (EG-VO Nr. 864/2007 v. 11.7.2007 sog. Rom II-VO (vgl. von Hein, VersR 2007, 440; Kaessmann, DAR 2006, 584; Junker, NJW 2007, 3675). Von großer Bedeutung ist es, dass das nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO geltende Recht des Unfallortes auch für die Haftungsfolgen maßgeblich ist (EuGH zfs 2016, 315), was für den Anwalt des Geschädigten strategische Überlegungen nahelegt (vgl. Anmerkung zu EuGH zfs 2016, 318). Für den Anwalt ist damit die Gefahr einer unzureichenden Belehrung verbunden, für den Geschädigten der Wunsch darüber unterrichtet zu werden, welche Ansprüche er vor dem deutschen Gericht unter Anwendung des ausländischen Rechts durchsetzen kann. Als erste Informationsquelle bietet sich das Buch von Neidhard/Nissen, Verkehrsunfälle in Europa, 6. Aufl. an, das für 20 Länder in Europa wichtige nationale Besonderheiten des Straßenverkehrshaftungsrechts, Einzelheiten der Versicherungspraxis, des Gerichtsverfahrens und die einzelnen Schadenspositionen darstellt.
Die Entscheidung des OLG München macht auch deutlich, dass wolkige Informationen aus dem Internet keine ausreichenden Beweisergebnisse über den Inhalt des jeweiligen Straßenverkehrsrechtes liefern können. Die unter Rn 22 aufgezeigten Erkenntnisquellen sind geeignete und bewährte Wege zur Verschaffung von Kenntnissen über das maßgebliche ausländische Recht. Seit 2011 haben Gerichte die Möglichkeit, über das "Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen" eine Auskunft über die Inhalte ausländischen Rechts zu erhalten. Luckey weist mit Recht darauf hin, dass die Fragestellung die Gefahr in sich birgt, eine falsche Antwort zu erhalten (Luckey, SVR 2014, 361, 365), wenn – unbekannte – Besonderheiten schon in der Fragestellung nicht beachtet werden. Die Frage nach Gesetzen in einem Land, dessen rechtliche Zusammenhänge wesentlich vom case law geprägt wird, die gegenüber deutschem Recht unterschiedliche Rechtsbegriffe aufweisen, können zu Fehlern des Gutachtens zum ausländischen Recht führen.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 3/2017, S. 151 - 153