Der Schuldner ist – in Abweichung zum Anspruchsbegriff des § 194 Abs. 1 BGB – gegenüber dem Drittgläubiger nicht verpflichtet, sich auf eine ihm zustehende Verjährungseinrede zu berufen. Das Unterlassen bürdet ihm aber den damit verbundenen Nachteil der fortbestehenden Durchsetzbarkeit der gegen ihn gerichteten Forderung auf. Grundsätzlich besteht ein solches Wechselwirkungsverhältnis nur zwischen den Parteien des konkreten Schuldverhältnisses und damit in den Ausgangsfällen zwischen Mieter und Vermieter des Ersatzwagens, Reederei und Auftraggeberin, General- und Nachunternehmer sowie Architekt und Bauherrn. Von Bedeutung ist daher, ob bzw. in welchem Umfang die Entscheidung für oder gegen die Erhebung der Verjährungseinrede über § 254 Abs. 2 S. 1 BGB Auswirkungen auf das Drittrechtsverhältnis zum Schädiger entfalten kann. Das ist für ein relatives Schuldverhältnis zumindest nicht selbstverständlich.
1. Einschränkung der Entscheidungsfreiheit
Von Teilen des Schrifttums wurde zumindest dem Drittgläubiger des verjährten Anspruchs jegliche Schutzwürdigkeit abgesprochen; dieser habe es versäumt, seine Forderung rechtzeitig geltend zu machen. Diese Wertung allein wäre aber noch nicht ausreichend, um damit auch das Entscheidungsrecht des Schuldners zu beschränken, dessen Rechtsposition schließlich durch den Verjährungseintritt gestärkt werden soll. Um diesen Einwand zu überwinden, sprechen Teile der Literatur auch dem Einredeinhaber regelmäßig ein berechtigtes Interesse an der Nichtnutzung ab: So würde ein verständiger Schuldner die Einrede der Verjährung stets bzw. zumindest bei Fehlen einer Sonderbeziehung zwischen ihm und dem Gläubiger erheben. Diese generalisierende Annahme wird jedoch den Wertungen des Verjährungsrechts nicht gerecht. Bereits die Erläuterungen des historischen Gesetzgebers verdeutlichen, dass es nicht Zweck der Verjährung ist, den Gläubiger seines Anspruchs zu berauben. Vielmehr soll der Schuldner vor einer sehr späten Inanspruchnahme aus einer – möglicherweise überhaupt nicht (mehr) berechtigten – Forderung gesichert werden. Die §§ 194 ff. BGB sind somit schuldnerschützende Normen. Ihm dürfen die Vorteile der Verjährung (grundsätzlich) nicht aufgezwungen werden.
Zumindest bei einer generalisierenden "Pflicht" zur Nutzung der Einrede entstünde aber aus der Verjährung auch eine Last für den Schuldner. Das drohende Mitverschulden im anderen Rechtsverhältnis könnte ihn schließlich zwingen, seine Verjährungseinrede zu nutzen. In diesem Fall würde sich das Leistungsverweigerungsrecht faktisch mittelbar aufdrängen, unabhängig davon, ob der Schuldner ein eigenes Interesse an der Tilgung der verjährten Forderung hat. Losgelöst von einer ökonomischen Gesamtbetrachtung beider Rechtsverhältnisse wäre damit zumindest die Privatautonomie in Form der Entscheidungsfreiheit des Einredeinhabers erheblich eingeschränkt und die Situation damit für ihn jedenfalls nicht – wie in Teilen der Literatur beschrieben – "nur vorteilhaft". Dieser Umstand ist bei der nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB gebotenen Abwägung zu berücksichtigen.
2. Sachverhaltskenntnis und Rechtsfrieden
Ein Hauptziel des Verjährungsrechts ist der Schutz des Schuldners vor der Inanspruchnahme aus einer möglicherweise unbegründeten Forderung, bei der ihm die Erinnerung des zugrundeliegenden Sachverhalts und damit die Führung eines etwaigen Gegenbeweises aufgrund der lange zurückliegenden Anspruchsentstehung erheblich erschwert sind. Für dieses Ziel wird notfalls auch eine eigentlich begründete Forderung des Gläubigers nach Ablauf der Verjährungsfrist geopfert: Das gilt selbst dann, wenn der Schuldner keine Zweifel an deren Bestehen hat. Den Gläubiger bestrafen soll die Verjährung aber nicht. Ist sich der Schuldner indes über die Existenz der Forderung im Klaren und möchte er (auch deshalb) nicht von ihrer Erfüllung absehen, wäre es bedenklich – ohne weitere Interessenabwägung – einen mittelbaren Zwang zur Leistungsverweigerung nur deshalb zu konstatieren, weil die Erfüllung die Kostenlast eines Dritten mittelbar erhöht.
Dieser Befund wird durch den zweiten Hauptzweck der Verjährung bestätigt. Sie soll durch eine Perpetuierung der Rechtspositionen der Beteiligten zwischen diesen Rechtsfrieden herbeiführen und sichern. Der Zweck der Befriedung durch Einredeerhebung ist aber nur zu verwirklichen, wenn zwischen den Parteien des verjährten Anspruchs überhaupt divergierende Ansichten vorliegen. Daran fehlt es jedoch, wenn sich der Schuldner trotz Kenntnis vom Leistungsverweigerungsrecht zur Erfüllung...