StPO § 111a; StGB § 69 § 316
Leitsatz
Führer eines Kfz ist nur, wer es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt; erforderlich ist ein Bedienen wesentlicher Einrichtungen des Fahrzeugs. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Fahrlehrer erst mit dem Eingreifen in Lenk- oder Betriebsvorgänge vom Beifahrersitz.
LG Münster, Beschl. v. 9.6.2017 – 3 Qs – 82 Js 1712/17 – 34/17
Sachverhalt
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das AG Münster eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO abgelehnt. Gegen diesen Beschluss hat die StA Beschwerde eingelegt. Das AG Münster hat dieser nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Das LG Münster hat den Beschluss des AG Münster aufgehoben und dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen.
2 Aus den Gründen:
" … Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg."
Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss dem Beschuldigten zu Unrecht die Fahrerlaubnis nicht vorläufig entzogen. Es sind entgegen der Auffassung des AG dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass dem Beschuldigten demnächst die Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB endgültig entzogen wird. Es besteht nach dem derzeitigen Ergebnis der Ermittlungen ein dringender Tatverdacht zumindest bezogen auf eine Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 Abs. 1, ggf. i.V.m. Abs. 2 StGB mithin eines Regelbeispiels der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen gem. § 69 Abs. 2 StGB. Der Beschuldigte wies bei Entnahme der Blutprobe am Vorfallstag dem 7.2.2017 um 18:34 Uhr, mithin etwa 2,5 Stunden nach dem Unfall eine Blutalkoholkonzentration von 1,18 v.T. auf, war mithin absolut fahruntüchtig. Der Beschuldigte, der als Fahrlehrer im verunfallten Fahrzeug auf dem Beifahrersitz saß, hat auch im Sinne der Vorschrift das Fahrzeug geführt. Führer eines Kfz ist nur, wer es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt, erforderlich ist ein Bedienen wesentlicher Einrichtungen des Fahrzeugs. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Fahrlehrer erst mit dem Eingreifen in Lenk- oder Betriebsvorgänge vom Beifahrersitz (BGH, Beschl. v. 23.9.2014 – 4 StR 92/14; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 2 StVG Rn 55 m.w.N.). Vorliegend hat der Beschuldigte nach seiner eigenen Einlassung am Unfallort kurz vor dem Zusammenstoß gebremst – wenn auch zu spät. Damit hat er nach Auffassung der Kammer eine wesentliche Einrichtung des Fahrzeuges bedient und in den Betriebsvorgang eingegriffen, so dass er als Führer des Fahrzeuges tätig wurde.
Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch nicht ausnahmsweise unverhältnismäßig.
Eine gesonderte Kostenentscheidung war nicht erforderlich, da bei einem zu Ungunsten des Verurteilten eingelegten erfolgreichen Rechtsmittel der StA die Rechtsmittelkosten zu den Verfahrenskosten gehören, die der Verurteilte zu tragen hat; von seinen notwendigen Auslagen wird er nicht entlastet (Meyer-Goßner/Schmidt, StPO, 60. Auflage 2017, § 473, Rn 15). … “
3 Anmerkung:
Die Entscheidung des LG Münster veranlasst zu einem kurzen Rückblick auf die Rspr. zur Frage der Fahrereigenschaft des Fahrlehrers. Die Entscheidung des BGH wird zutreffend zitiert, denn dort heißt es: "Daher erfüllt der Fahrlehrer die genannten Voraussetzungen nicht, solange er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift." (Rn 12). Auch die instanzgerichtliche Rspr. hat diese Differenzierung inzwischen übernommen (AG Landstuhl, Beschl. v. 20.10.2016 – 2 OWi 4286 Js 10115/16; OLG Stuttgart, DAR 2015, 410, jurisPR-VerkR 13/2015 Anm. 6; s.a. schon früher: OLG Dresden zfs 2006, 171; OLG Düsseldorf NZV 2014, 328).
RAG Dr. Benjamin Krenberger
zfs 3/2018, S. 169 - 170