BGB § 249 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
1. Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grds. der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Senatsurteil zfs 2017, 646 m. Anm. Hansens = RVGreport 2017, 424 [Hansens] = AGS 2017, 365). Abzustellen ist dabei auf die letztlich festgestellte oder unstreitig gewordene Schadenshöhe (Senatsurteile AGS 2017, 541 und NJW 2005, 1112).
2. Auf den für den Ersatzanspruch maßgeblichen Gegenstandswert hat es keinen werterhöhenden Einfluss, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts noch davon ausgegangen ist, seine Anforderung sei zu einem höheren als den später festgestellten oder unstreitig gewordenen Betrag begründet.
BGH, Urt. v. 5.12.2017 – VI ZR 24/17
Sachverhalt
Das Fahrzeug des Kl., ein acht Jahre alter Pkw VW Touran, wurde durch ein bei der Bekl. versichertes Kraftfahrzeug beschädigt. Der Kl. holte ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe ein. Der Sachverständige ermittelte darin einen Schaden i.H.v. 4.557,85 EUR, in dem Reparaturkosten i.H.v. 3.882,04 EUR netto unter Ansatz der Stundenverrechnungssätze der VW-Niederlassung in Frankfurt enthalten waren. Der Kl. beauftragte seinen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung des Schadens. Die beklagte Haftpflichtversicherung verwies den Kl. unter Vorlage eines Prüfberichts auf die Möglichkeit, die Reparatur bei einer anderen Fachwerkstatt mit niedrigeren Stundenverrechnungssätzen zu Kosten i.H.v. 2.979,98 EUR durchführen zu lassen. Auf dieser Grundlage leistete die Bekl. Schadensersatz i.H.v. 3.650,59 EUR. Ausgehend von diesem gezahlten Schadensersatzbetrag erstattete sie dem Kl. auch die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten i.H.v. 413,64 EUR, und zwar:
1. |
1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 3.650,59 EUR) |
327,60 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
+ 66,04 EUR |
|
Summe: |
413,64 EUR |
Demgegenüber hatte der Kl. ausgehend von dem ursprünglich geltend gemachten Schadensersatzbetrag die Erstattung folgender vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangt:
1. |
1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4.557,85 EUR) |
393,90 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
+ 78,64 EUR |
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Summe: |
492,54 EUR |
Mit seiner vor dem AG Frankfurt/M. erhobenen Klage hat der Kl. die Differenz i.H.v. 78,90 EUR geltend gemacht. Das AG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Bekl. hat das LG Frankfurt/M. unter Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Die vom Kl. hiergegen eingelegte, vom BG zugelassene, Revision hatte beim BGH keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … II. [5] [] Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das BG den Gegenstandswert, der der Bemessung der Höhe der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten zugrunde zu legen ist, unter Berücksichtigung des von dem Kl. hinsichtlich der Hauptforderung hingenommenen Verweises der Bekl. auf eine günstigere Fachwerkstatt bestimmt."
[6] 1. Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst grds. auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Nach der st. Rspr. des BGH (Senatsurt. v. 18.7.2017 – VI ZR 465/16; zfs 2017, 646 m. Anm. Hansens = RVGreport 2017, 424 [Hansens] = AGS 2017, 365; v. 10.1.2006 – VI ZR 43/05, VersR 2006, 521; v. 18.1. 2005 – VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 559; v. 8.11.1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350; BGH, Urt. v. 23.10.2003 – IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
[7] a) Beauftragt der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer, so ist der Umfang des Ersatzverlangens nur für die Abrechnung zwischen dem Geschädigten und seinem Anwalt maßgebend (Innenverhältnis). Kostenerstattung aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger dagegen grds. nur insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber auch objektiv berechtigt ist (Senatsurt. v. 18.7.2017 – VI ZR 465/16, zfs 2017, 646 m. Anm. Hansens = RVGreport 2017, 424 [Hansens] = AGS 2017, 365; v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 559; BGH, Urt. v. 7.11.2007 – VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888; v. 13.4.1970 – III ZR 75/69, NJW 1970, 1122, 1123). Die von einem – einsichtigen – Geschädigten für vertretbar gehaltenen Schadensbeträge sind demgegenüber nicht maßgeblich (Senatsurt. v. 18.7.2017 – I ZR 465/16, zfs 2017, 646 m. Anm. Hansens = RVGreport 2017, 424 [Hansens] = AGS 2017, 365; BGH, Urt. v. 13.4.1970 – III ZR 75/69, NJW 1970, 1122, 1123). Denn Kosten, die dadurch entstehen, dass dieser einen Anwalt zur Durchsetzung eines unbeg...