[6] "… II. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die klagende BA kein SVT i.S.d. § 110 Abs. 1 SGB VII und daher nicht anspruchsberechtigt ist."
[7] 1. Den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführende Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, haften den SVT nach § 110 Abs. 1 S. 1 SGB VII für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Ob die Kl. als Trägerin der Arbeitslosenversicherung zu den von dieser Norm erfassten SVT zählt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Im Schrifttum ist die Frage umstritten.
[8] a) Die überwiegende Ansicht in der Literatur hält die BA im Rahmen des § 110 Abs. 1 SGB VII nicht für anspruchsberechtigt. Zur Begründung wird angeführt, bei ihr handele es sich nicht um einen SVT i.S. dieser Vorschrift (Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl., § 2 Rn 787 ff.; ders., Der Verdienstausfall im SchadensersatzR, 4. Aufl., § 4 Rn 608; Plagemann, FD-SozVR 2017, 385541; vgl. auch SRG/Plagemann, 5. Aufl., Kap. 9 Rn 70; BeckOK SozialR/Stelljes, § 110 SGB VII Rn 7, 24 [Stand: 31.7.2016]). Zudem leiste sie als Trägerin der Arbeitslosenversicherung nicht wegen des Arbeitsunfalls, sondern wegen der Arbeitslosigkeit des Versicherten (Maschmann, SGb 1998, 54, 62 mit Fn 128; Krasney in ders., SGB VII-Komm, § 110 Rn 6 [Stand: 06/2013]; ders., NZS 2004, 68, 74; Dahm in Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, 4. Aufl., § 110 Rn 7 [Stand: 01/2015]; v. Koppenfels-Spies in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Komm. Zum SozialR, 4. Aufl., § 110 SGB VII Rn 5; Riedel, Der unfallversicherungsrechtliche Regress des § 110 SGB VII unter besonderer Betrachtung des neu eingeführten Absatzes 1a, 2008, S. 38; zu § 640 RVO bereits Linthe, BG 1963, SH Mai, S. 5, 25).
[9] b) Die Gegenansicht hält die BA als Trägerin der Arbeitslosenversicherung für gem. § 110 Abs. 1 S. 1 SGB VII anspruchsberechtigt (Ricke in Kass. Komm. zum SozialversR, § 110 SGB VII Rn 5 [Stand: 09/2015]; Brückner in Jahn, SGB für die Praxis, SGB VII, § 110 Rn 6 [Stand: 31.8.2016]). Das Argument, sie leiste nicht wegen des Versicherungsfalls, sondern wegen der Arbeitslosigkeit, sei aufgrund von § 58 SGB VII nicht schlüssig (Ricke, a.a.O.).
[10] 2. Nach Auffassung des Senats ist die Kl. jedenfalls deshalb nicht gem. § 110 Abs. 1 S. 1 SGB VII anspruchsberechtigt, weil sie nicht SVT i.S. dieser Vorschrift ist. Zwar führt deren Auslegung nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck zu keinem klaren Ergebnis. Die Entstehungsgeschichte legt aber das Verständnis nahe, dass der Begriff des SVT im SGB und damit auch in § 110 Abs. 1 SGB VII in einem formellen engen, den Träger der Arbeitslosenversicherung nicht einschließenden Sinn gebraucht wird. Dies wird durch die systematische Auslegung bestätigt.
[11] a) Der Wortlaut des § 110 Abs. 1 SGB VII, der wie zuvor § 640 RVO in seinen Wirkungsbereich alle Träger der Sozialversicherung einbezieht (zu § 640 RVO vgl. Senatsurt. v. 10.12.1974 – VI ZR 73/73, BGHZ 63, 313, 317), ist für beide Deutungen offen. Der Begriff der Sozialversicherung kann in einem materiellen weiten Sinn, der die Arbeitslosenversicherung miteinbezieht, verstanden werden. In diesem Sinne wird die BA in ihrer Funktion als Trägerin der Arbeitslosenversicherung im Rahmen des § 117 Abs. 3 S. 2 VVG, nach dem ein gegenüber seinem VN leistungsfreier Pflichthaftpflichtversicherer auch ggü. dem geschädigten Dritten leistungsfrei ist, wenn dieser Ersatz seines Schadens von einem SVT erlangen kann, als SVT angesehen (MüKo-VVG/Schneider, 2. Aufl., §§ 117 Rn 40; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 117 Rn 32; Langhelf in Langheld/Rixecker, VVW, 5. Aufl., § 117 Rn 32; Beckmann in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 117 Rn 66; Schwartze in Looscheiders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl., § 117 Rn 22; juirisPK-StrVerkR/Lennartz, 2016, § 117 VVG Rn 39; zur Vorgängernorm des § 158c VVG bereits OLG Frankfurt, NZV 1990, 233; OLG München, NJW-RR 1986, 1474 f.; dazu auch BGM, Urt. v. 23.9.1965 – II ZR 144/63, BGHZ 44, 166, 168 f.). Der Begriff der Sozialversicherung kann jedoch auch in einem formellen engen Sinn gedeutet werden, der – neben der erst nachträglich geschaffenen Pflegeversicherung – nur die vier zunächst in der RVO geregelten “klassischen‘ Versicherungszweige (Krankheit, Alter, Invalidität und Unfall) umfasst. Gerade weil der Begriff der Sozialversicherung häufig in diesem beschränkten, engen Sinne verstanden wird, spricht das Grundgesetz in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 von der “Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung‘. Damit wird dem besonders naheliegenden Missverständnis vorgebeugt, in der Kompetenzordnung des Grundgesetzes stehe das Wort “Sozialversicherung‘ nur für die vier “klassischen‘ Versicherungszweige. Es wird klargestellt, dass die Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG den Begriff “Sozialversicherung‘ als verfassungsrechtlichen Gattungsbegriff versteht, der alles umfasst, was sich “der Sache nach‘ als So...