AKB 1996 § 13 Abs. 7
Leitsatz
Die Klausel, nach der im Falle der Entwendung eines Oldtimer-Kraftfahrzeugs der die Entschädigung leistende VR Eigentum an dem Kraftfahrzeug erwirbt, ist unwirksam.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.11.2017 – 9 W 30/17
Sachverhalt
Die Parteien streiten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren um die Frage, wer Eigentümer eines Oldtimer-Kraftfahrzeugs Ferrari Typ 500 Testarossa Spider Baujahr 1956 ist, das 1995 von S erworben worden und ihm wenig später in Italien entwendet worden war. Antragsteller und Antragsgegner berühmen sich des Eigentums. Die Streithelferin des Antragsgegners ist der Kaskoversicherer, der S im Jahr 1997 eine Versicherungssumme von 352.791,39 EUR nach der Entwendung ausbezahlt hatte.
2 Aus den Gründen:
" … Vor allem stellt eine Regelung in den Versicherungsbedingungen bei einem Oldtimer keinen angemessenen Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen des VN einerseits und des VR andererseits dar."
Zwar kann man daran zweifeln, ob alle Oldtimerdurch Zeitablauf typischerweise eine Wertsteigerung erfahren (…). Jedoch besteht bei einem Oldtimer unzweifelhaft die reale Möglichkeit einer solchen Wertsteigerung. Bei einer Entwendung im Jahr 1997 und einem Wiederauffinden im Jahr 2017 kann diese Wertsteigerung – abhängig von der Entwicklung auf dem Oldtimer-Markt – erheblich sein. Wenn ein VR sich den Eigentumsübergang bei einem Wiederauffinden des gestohlenen Oldtimers vom VN versprechen lässt, stellt sich dies der Sache nach als ein Spekulationsgeschäft zugunsten des VR und zulasten des VN dar. Mit dem üblichen Sinn und Zweck eines Versicherungsvertrages hat ein solches Spekulationsgeschäft nichts zu tun. Der Verlust des Oldtimers an den VR ist unter diesen Umständen nicht nur eine überraschende Klausel, sondern gleichzeitig eine unangemessene Benachteiligung. Wie eine für beide Seiten angemessene Regelung nach dem Diebstahl eines entwendeten Oldtimers aussehen könnte, zeigen bspw. die üblichen Hausratversicherungsbedingungen (vgl. A § 18 Ziff. 3 AHB 2010). Durch die Unwirksamkeit von § 13 Abs. 7 AKB 1996 sind der Streithelferin keine unzumutbaren Nachteile entstanden. Denn der Streithelferin steht wegen der geleisteten Versicherungsentschädigung nach dem Wiederauffinden des Oldtimers ein Ausgleichsanspruch gegen den Eigentümer W. S. zu (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.; Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl. 1992, Z I, Rn 17 ff.).
Die Einwendungen der Streithelferin gegen die Unwirksamkeit der zitierten Versicherungsklausel haben keinen Erfolg. Es trifft zwar zu, dass die Streithelferin nach einem Wiederauffinden des Fahrzeugs möglicherweise das Risiko einer Entreicherung des VN trägt, wenn sie hinsichtlich der geleisteten Versicherungssumme auf einen Rückzahlungsanspruch beschränkt ist. Diese Risikoverteilung ist jedoch angemessen. Denn sie entspricht der üblichen Risikoverteilung im Versicherungsrecht, wenn der VR eine geleistete Entschädigung zurückfordert. Auch die Einräumung eines Vorkaufsrechts zugunsten des Eigentümers nach Wiederauffinden des entwendeten Fahrzeugs (vgl. Ziffer 4 der von der Streithelferin vorgelegten Sonderbedingung 50 zum Versicherungsvertrag) ändert nichts. Denn bei einem Vorkaufsrecht könnte der VN den wiederaufgefundenen Oldtimer nur zu dem Preis zurückkaufen, den der VR anderweitig auf dem Markt erzielen kann. Das bedeutet, dass auch bei einem Vorkaufsrecht die mögliche Wertsteigerung dem VR verbleiben würde, was nach Auffassung des Senats gegen § 3 AGB-Gesetz a.F. und § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz a.F. verstößt. … “
zfs 3/2018, S. 162 - 163