VVG § 19 Abs. 4
Leitsatz
Eine Belehrung über die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ist nicht hinreichend deutlich hervorgehoben, wenn sie dieselben Gestaltungsmerkmale enthält wie alle übrigen Abschnitte eines Antragsformulars.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BGH, Beschl. v. 6.12.2017 – IV ZR 16/17
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in Anspruch und begehrt die Feststellung, dass der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertrag nicht durch ein Vertragsanpassungsverlangen der Bekl. nach § 19 Abs. 4 S. 2 VVG geändert worden ist.
Im Jahr 2009 schloss der Kl. bei der Bekl. eine Risikoversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab. Sein Antrag wurde von einem Versicherungsvertreter der Bekl. aufgenommen, der das auf seinem Laptop gespeicherte, fünfseitige Antragsformular ausfüllte. Anschließend wurde das Formular ausgedruckt und vom Kl. unterschrieben.
Auf Seite 2 des Antragsformulars befindet sich vor den Gesundheitsfragen ein Abschnitt mit der Überschrift "Hinweis auf die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht". Die drucktechnische Gestaltung dieser Überschrift unterscheidet sich nicht von derjenigen der übrigen Abschnittsüberschriften. Der Hinweistext selbst ist drucktechnisch so gestaltet wie der Text der weiteren Abschnitte des Formulars; seine beiden letzten Zeilen ("Bevor Sie unterschreiben, kontrollieren Sie bitte nochmals, ob alle Fragen vollständig und korrekt beantwortet sind, insb. wenn Ihnen eine andere Person beim Ausfüllen des Antrags geholfen hat.") sind – ebenso wie einzelne Zeilen der übrigen Abschnitte des Antragsformulars – in Fettdruck verfasst. Die einzelnen Abschnitte sind optisch jeweils durch horizontale Linien voneinander getrennt.
Der fünftletzte Abschnitt vor der Unterschriftenleiste auf Seite 4 des Formulars ist mit "Erklärung" überschrieben und besteht aus folgendem, durchgehend fettgedrucktem Text: "Ich bestätige, dass ich den Hinweis auf die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung gelesen und verstanden habe. Alles vollständig – es folgen keine weiteren Risikoangaben."
Bis auf eine Ausnahme, die das Rauchen betrifft, sind die Gesundheitsfragen im Antragsformular verneint, darunter die Frage, ob der Kl. in den letzten fünf Jahren aus gesundheitlichen Gründen durch Ärzte beraten oder untersucht worden sei. Tatsächlich hatte er im Jahr 2005 einen Radiologen aufgesucht, nachdem er sieben Jahre zuvor eine Lungenembolie erlitten hatte.
Der Kl., ein Berufskraftfahrer, erlitt im Jahre 2013 erneut eine Lungenembolie und beantragte deswegen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Die Bekl. lehnte dies mit Schreiben vom 7.8.2013 unter Hinweis auf unrichtig beantwortete Gesundheitsfragen ab. Sie erklärte, sie hätte dem Kl. bei Kenntnis von dessen gesundheitlichen Beeinträchtigungen keinen Versicherungsschutz in der gegebenen Form angeboten. Daher mache sie von ihrem Recht, den Vertrag rückwirkend anzupassen, mittels einer Ausschlussklausel Gebrauch, die unter anderem die vom Kl. zur Begründung seiner Berufsunfähigkeit angeführte Erkrankung erfasse.
Der Kl. hat behauptet, den Versicherungsvertreter der Bekl. bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen über die im Jahr 1998 erlittene Lungenembolie informiert zu haben. An die radiologische Untersuchung im Jahr 2005 habe er bei der Antragsaufnahme nicht gedacht.
[8] Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom BG zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihren Klageabweisungsantrag weiter.
2 Aus den Gründen:
" … [9] II. Das BG hat angenommen, der Versicherungsvertrag sei nicht aufgrund der Erklärung der Bekl. im Schreiben vom 7.8.2013 rückwirkend gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG geändert worden."
[10] Dabei könne die vom LG bejahte Frage, ob die drucktechnische Gestaltung des im Antragsformular enthaltenen Hinweises auf die Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit unzureichend sei, offen bleiben. Die Bekl. habe jedenfalls nicht vorgetragen bzw. bewiesen, dass dieser Hinweis dem Kl. in einer Weise zur Kenntnis gebracht worden sei, die den gesetzlichen Anforderungen genüge. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG verlange eine gesonderte Mitteilung in Textform; es müsse gewährleistet sein, dass es einem durchschnittlichen VN möglich sei, den Inhalt des Hinweises zu verstehen. Eine Vorlage des Antragsformulars lediglich zur Unterschrift genüge insofern nicht. Es sei dem Kl. auch nicht verwehrt, sich auf die Nichterfüllung der Hinweispflicht zu berufen. Die Bekl. habe nicht den Nachweis geführt, dass der Kl. bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen arglistig getäuscht habe.
[11] III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S.v. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a S. 1 ZPO).
[12] 1. Das BG hat die Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob für die Einhaltung der Textform und der Kenntnisnahme des Hinweises nach § 19 Abs. 5 S. 1 VVG nicht nur die Vorlage ...