OWiG § 110c a.F. § 33; StVO § 22
Leitsatz
1. Der Umstand, dass die Zentrale Bußgeldstelle in Rheinland-Pfalz die Bußgeldakten gleichwohl ohne Rechtsverordnung bereits in elektronischer Form führt, lässt die verjährungsunterbrechende Wirkung der Übersendung des Anhörungsbogens gem. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG nicht entfallen, wenn diese – wie vorliegend – nicht auf dem Wege der elektronischen Kommunikation erfolgt, sondern nach außen ihre Manifestation weiter darin findet, dass der mittels elektronischer Datenverarbeitung gefertigte Anhörungsbogen ausgedruckt und an den Betr. postalisch übersandt wird. Für den Empfänger kann die Urheberschaft des Schreibens als eines von einer mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Verwaltungsbehörde nicht zweifelhaft sein. Es bedarf deshalb keiner zusätzlichen Informationen, welche die Authentizität des Dokuments belegen, zumal dieses tatsächlich und nicht lediglich als elektronisches Dokument existiert.
2. Auch insoweit ergibt sich aus dem Fehlen eines durch Rechtsverordnung bestimmten Zeitpunkts für die elektronische Aktenführung keine Unwirksamkeit der die Verjährungsfrist unterbrechenden Handlung des Erlasses des Bußgeldbescheids, wenn dieser ausgedruckt und per Post versandt wurde, also nach außen für jedermann erkennbar in Erscheinung getreten ist.
3. Einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz bedarf ein so versandter Bußgeldbescheid zu seiner Wirksamkeit gerade nicht.
4. Handelt es sich bei Ladegut um kleinkörnigen Splitt, dessen Schüttkegel in der Mitte der Ladefläche über die Bordkante hinausragt, begründet dies schon nach allgemeiner Lebenserfahrung die abstrakte Gefahr des Herunterwehens und -fallens, was den Normgeber veranlasst hat zu bestimmen, dass Schüttgüter wie Kies, Sand oder ähnliches, die auf Lastkraftwagen befördert werden, regelmäßig nur dann ausreichend gesichert sind, wenn durch überhohe Bordwände, Planen oder ähnliche Mittel sichergestellt ist, dass auch nur unwesentliche Teile der Ladung nicht herabfallen können.
OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2017 – 2 OWi 4 SsRs 122/17
Sachverhalt
Gegen den Betr. erging ein Bußgeld von 80 EUR wegen Verstoßes gegen § 22 Abs. 1 StVO. Die Verwaltungsbehörde hat die Verfahrensakte dergestalt geführt, dass alle verfahrensrelevanten Dokumente zunächst nur in digitaler Form vorhanden sind bzw. erstellt werden. Eingehende Originaldokumente hat sie eingescannt. Die an den Betr. zu übermittelnden Schreiben (Anhörungsbogen, Bußgeldbescheid) hat sie ausgedruckt und an ihn per Post in Papierform übersandt. Die Zustellungsurkunde für den Bußgeldbescheid wurde ebenfalls eingescannt. Akteneinsicht an die Verteidiger hat die Behörde dergestalt gewährt, dass der gesamte elektronisch gespeicherte Vorgang ausgedruckt und ihnen per Post übersandt wurde. Der Verteidiger vertritt die Auffassung, die Ordnungswidrigkeit sei verjährt, weil der ergangene Bußgeldbescheid ohne qualifizierte elektronische Signatur unwirksam gewesen sei. Unwirksam, da nicht hinreichend bestimmt, sei der Bußgeldbescheid aber auch deshalb, weil ihm nicht entnommen werden könne, ob sich der Ordnungswidrigkeitsvorwurf auf das von ihm, dem Betr., geführte Zugfahrzeug oder den Anhänger beziehe.
Das AG hat den Betr. wegen "Unterlassens des verkehrssicheren Verstauens und der Sicherung der Ladung des Lkw gegen Verrutschen, Umfallen, Hin- und Herrollen oder Herabfallen" zu einer Geldbuße von 80 EUR verurteilt. Der Lkw war mit kleinkörnigem Splitt beladen, dessen Schüttkegel in der Mitte der Ladefläche über die Bordkante des Fahrzeugs hinausragte, gegen Verrutschen oder Herabfallen jedoch nicht durch Abdecken mit einer Plane oder Ähnlichem gesichert war. Dem Antrag des Betr. auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ordnungsgemäßheit der Beladung seines Lkw ist das Gericht nicht nachgegangen.
Das OLG Koblenz hat die Rechtsbeschwerde zugelassen und sodann mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass gegen den Betr. wegen fahrlässigen Unterlassens der gebotenen Ladungssicherung eine Geldbuße von 80 EUR festgesetzt wird.
2 Aus den Gründen:
" … II. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG statthaft und auch sonst zulässig, insb. in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingelegt und begründet worden."
In der Sache hat sie keinen Erfolg. Die Überprüfung des Urteils nach Maßgabe der Rechtsbeschwerdebegründung und der Gegenerklärung vom 23.10.2017 hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben.
1. Verfahrenshindernisse, die aufgrund der ordnungsgemäß erhobenen Sachrüge vom Senat von Amts wegen zu berücksichtigen wären (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 26.8.2013 – 2 SsBs 128/12, NStZ-RR 2014, 189), liegen nicht vor.
Die am 15.11.2016 begangene Ordnungswidrigkeit ist nicht verjährt. Die Frist zur Verfolgungsverjährung beträgt bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG zunächst drei Monate, solange ein Bußgeldbescheid noch nicht ergangen ist (§ 26 Abs. 3 StVG). Die danach bis zum 14.2.2017 laufende Frist wurde durch die am 26.1.2017 erfolgte Anordnung der Übersendung des Anhörun...