Hinweis: Das in zfs 3/2014, 135 f. veröffentlichte Urteil des OLG Frankfurt ist unter falscher Jahreszahl abgedruckt worden. Die richtige Entscheidungsangabe lautet: OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.6.2013 – 4 U 42/13. Das redaktionelle Versehen bitten wir zu entschuldigen.
[12] "… 1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das BG davon aus, dass das beklagte Land für den fraglichen Abschnitt der Bundesautobahn 46 verkehrssicherungspflichtig ist. Diese Pflicht ist nicht Ausfluss der – gem. § 5 Abs. 1 FStrG grds. den Bund treffenden – Straßenbaulast, sondern beruht darauf, dass nach Art. 90 Abs. 2 GG die Bundesfernstraßen von den Ländern verwaltet werden (vgl. Senatsurt. v. 13.6.1996 – III ZR 40/95, NJW 1996, 3208, 3210 und v. 17.3.1983 – III ZR 16/82, VersR 1983, 639 f.). Im Gegensatz zur Auffassung des BG haftet das beklagte Land jedoch nicht nach §§ 823, 89, 31 BGB, sondern nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG), da im Lande Nordrhein-Westfalen nach § 9a Abs. 1 StrWG NRW die Verkehrssicherungspflicht unter Einschluss der Bundesfernstraßen hoheitlich ausgestaltet ist."
[13] 2. Die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen steht selbstständig neben den sonstigen diese Straßen betreffenden Pflichten. Es handelt sich bei ihr nur um einen Unterfall der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, die auf dem Gedanken beruht, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle oder einen Gefahr drohenden Zustand schafft oder andauern lässt, die Pflicht hat, alle ihm zumutbaren Maßnahmen oder Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern (vgl. Senatsurt. v. 13.6.1996 a.a.O. und v. 17.3.1983 a.a.O. S. 640). Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich dabei nicht nur auf die Straße im engeren Sinn des Wortes, das heißt auf die eigentliche Verkehrsfläche, die Fahrbahn der Bundesstraße, sondern auch auf Gräben und Entwässerungsanlagen, die nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG als Teile des Straßenkörpers zur Straße gehören (Senatsurt. v. 17.3.1983 a.a.O.). Die dem Straßenverkehrssicherungspflichtigen obliegende Amtspflicht, die Bundesstraße einschließlich der zur Straße gehörenden Entwässerungsanlagen in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten, beschränkt sich nicht auf die Abwendung von Gefahren, die den Straßenbenutzern drohen. Es ist vielmehr auch der Sicherheit der Anlieger vor den Gefahren der Straßenentwässerung Rechnung zu tragen (vgl. Senatsurt. v. 17.3.1983 a.a.O.).
[14] 3. Rechtsfehlerfrei hat das BG angenommen, dass das beklagte Land seine Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt hat, dass es das abzuleitende Wasser in den Graben eingeleitet hat. Es hat insoweit aufgrund der Beweisaufnahme nach sachverständiger Beratung festgestellt, dass der Entwässerungsgraben angesichts der beiden Richtungsänderungen um 90° unmittelbar an der Anschlussstelle der Entwässerungsanlage der Bundesautobahn nicht (mehr) ausreichend dimensioniert war und deshalb nicht den Anforderungen an einen hinreichenden Überschwemmungsschutz genügte.
[15] Das BG hat weiter zutreffend die Kausalität der Pflichtverletzung für den entstandenen Schaden bejaht. Dabei ist es unerheblich, dass es sich bei dem Unwetterereignisses vom 9.8.2007 um ein solches mit einer zu erwartenden Wiederkehrzeit von mehr als 100 Jahren handelte. Denn das BG hat – sachverständig beraten und von der Revision unangegriffen – festgestellt, dass bei einer ordnungsgemäßen Dimensionierung des Grabens (bei Zugrundelegung eines Bemessungshochwassers mit einer Jährlichkeit von T = 20) auch der Wasserzufluss aufgrund des Unwetterereignisses vom 9.8.2007 hätte abgeleitet werden können.
[16] 4. Ohne Erfolg beanstandet der Bekl., dass die letztlich schadenstiftenden doppelten Richtungsänderungen im Graben durch die Stadt A – ohne vorherige Information des Landes – veranlasst worden seien und ihm nicht zugerechnet werden könnten. Der Straßenverkehrssicherungspflichtige hat neben der regelmäßigen Kontrolle der Straßen auch die ihr zugehörenden Entwässerungsanlagen regelmäßig auf ihre Verkehrssicherheit zu kontrollieren (Senatsurt. v. 29.1.1968 – III ZR 158/65, VersR 1968, 555, 558). Das BG ist deshalb mit Recht davon ausgegangen, dass zwar der Eingriff der ehemaligen Bekl. zu 1) in den Entwässerungsgraben nicht dem Bekl. zu 2) haftungsrechtlich angelastet werden kann. Das BG hat aber auch festgestellt, dass bei der gebotenen regelmäßigen Kontrolle der Entwässerungsanlage der Bundesautobahn den Mitarbeitern des Bekl. hätte auffallen können und müssen, dass an dem Graben – in unmittelbarer Nähe der Anschlussstelle der zum Straßenkörper gehörenden Entwässerungsanlage – die beiden Richtungsänderungen vorgenommen worden waren und deshalb die Gefahr von Überschwemmungsschäden bestand. Der Bekl. als Straßenverkehrssicherungspflichtiger kann jedoch nicht untätig bleiben, wenn er erkennt, dass eine ursprünglich verkehrssichere Einleitung des Abwassers in den Entwässerungsgraben nicht mehr möglich ist aufgrund von Veränderungen und die Anlieger...