Die Frage, welche Kosten bei Vertretung mehrerer Streitgenossen durch denselben Prozessbevollmächtigten anfallen, stellt sich nicht nur in der auch dem OLG Koblenz vorliegenden Fallgestaltung, wenn ein Streitgenosse unterliegt und der andere obsiegt. Dasselbe Problem tritt auf, wenn beide Streitgenossen zu unterschiedlichen Anteilen obsiegen, wenn etwa der Bekl. zu 1) seine gesamten Kosten erstattet verlangen kann, der durch denselben Prozessbevollmächtigten vertretene Bekl. zu 2) hingegen nur die Hälfte. Im Kostenfestsetzungsverfahren muss in beiden Fallgestaltungen ermittelt werden, welcher Anteil der durch die gemeinsame Vertretung beider Streitgenossen angefallenen Anwaltskosten auf jeden der beiden Streitgenossen entfällt. Gleiches gilt im Übrigen bei unterschiedlichem Prozessausgang auch bei Vertretung von mehr als zwei Streitgenossen durch denselben Prozessbevollmächtigten.
Der BGH (BRAGOreport 2003, 177 (Hansens) = NJW-RR 2003, 1217 = JurBüro 2004, 197) hat – unter Aufgabe seiner Auffassung im Beschl. v. 12.2.1954, BGH NJW 1954, 1451 = JurBüro 1969, 941 klargestellt, dass der obsiegende Streitgenosse grds. nur den seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen kann. Sind die Streitgenossen an dem Gegenstand des Rechtsstreits in gleicher Weise beteiligt, so entspricht dieser Bruchteil dem Kopfteil. Bei zwei durch denselben Prozessbevollmächtigten vertretenen Streitgenossen entfällt auf jeden von ihnen somit die Hälfte der für die gemeinsame Vertretung angefallenen Anwaltsgebühren und Auslagen, also einschließlich der Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG.
Voraussetzung hierfür ist, dass der obsiegende Streitgenosse auf Dauer und vollständig von der über den Kopfteil hinausgehenden Zahlung der Anwaltsvergütung gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten befreit bleibt. Dies wird im Allgemeinen durch den für den Regelfall gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich im Innenverhältnis der Gesamtschuldner (§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB) erreicht.
Ausnahmsweise kann der obsiegende Streitgenosse die gesamten für seine Vertretung angefallenen Anwaltsgebühren und -auslagen – ohne die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG – erstattet verlangen, wenn er im Kostenfestsetzungsverfahren darlegt und im Streitfall glaubhaft macht, dass der Ausgleichsanspruch nicht realisiert werden kann. Der BGH a.a.O. hat auf den Fall verwiesen, dass der Ausgleichsanspruch der Gesamtschuldner untereinander an der Zahlungsunfähigkeit des ausgleichspflichtigen Streitgenossen scheitert. Hierbei genügt es jedoch nicht, wenn die Streitgenossen bereits bei der Beauftragung des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten eine von § 426 Abs. 1 S. 1 BGB abweichende Kostenverteilung vereinbart haben (siehe KG JurBüro 1984, 1090 = AnwBl. 1984, 207).
Ein Sonderfall ist die Kostenerstattung im Kfz-Haftpflichtprozess, in dem die Haftpflichtversicherung im Innenverhältnis zum Fahrer, Halter und VN die Prozessführungsbefugnis hat (s. BGH RVGreport 2004, 188 (Hansens) = zfs 2004, 379), so dass die Haftpflichtversicherung im Innenverhältnis die Anwaltsvergütung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten allein zu tragen hat. Diese Besonderheit führt beispielsweise dazu, dass der unterlegene Gegner die Umsatzsteuer auf die Anwaltsvergütung auch dann in voller Höhe zu erstatten hat, wenn einer der übrigen Streitgenossen, etwa der Halter, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (BGH RVGreport 2006, 34 (Hansens) = zfs 2006, 265).
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der obsiegende Streitgenosse darzulegen und im Streitfall glaubhaft zu machen, dass und warum er im Innenverhältnis über seinen Kopfteil hinaus dem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten weitere Anwaltskosten zu zahlen hat. Am einfachsten ist dies, wenn der obsiegende Streitgenosse dem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten die von ihm geschuldete Anwaltsvergütung – also sämtliche Gebühren und Auslagen ohne die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG – zahlt und darlegt, aus welchen Gründen, etwa wegen der Zahlungsunfähigkeit des anderen Streitgenossen, dies erfolgen musste.
Werden aufgrund der dargelegten Zahlungsunfähigkeit des anderen Streitgenossen zugunsten des obsiegenden Streitgenossen die Anwaltskosten – ohne Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG – in voller Höhe festgesetzt, so wird teilweise die Auffassung vertreten, dass in dem Kostenfestsetzungsbeschluss die Einschränkung aufgenommen werden muss, dass der obsiegende Streitgenosse vom Gegner nur Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung der etwa gegen den anderen Streitgenossen erwachsenen Ausgleichsansprüche verlangen kann (siehe etwa KG JurBüro 1972, 981; OLG Köln Rpfleger 1972, 178; a.A. OLG Karlsruhe JurBüro 1984, 113). Nach erfolgter Abtretung kann dann der Erstattungspflichtige versuchen, den auf ihn übergegangenen Ausgleichanspruch gem. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB gegen den anderen Streitgenossen seines Gegners zu realisieren.
VRiLG Heinz Hansens
zfs 4/2014, S. 224 - 226