ZPO § 91 § 100 § 104; BGB § 421 § 426
Leitsatz
Einem obsiegenden Streitgenossen, der vom selben Anwalt wie der unterlegene Streitgenosse vertreten war, muss der Prozessgegner grds. nur den Bruchteil der Anwaltskosten erstatten, den der Obsiegende im Innenverhältnis der Auftraggeber des Anwalts zu tragen hat. Die bloße Befürchtung, der andere Streitgenosse werde den von ihm geschuldeten Gebührenanteil dem gemeinsamen Anwalt schuldig bleiben, reicht nicht aus, um die Alleinhaftung des obsiegenden Streitgenossen darzutun.
OLG Koblenz, Beschl. v. 18.11.2013 – 14 W 626/13
Sachverhalt
In dem vor dem LG B geführten Rechtsstreit hatte die Bekl. zu 1) obgesiegt, während der Bekl. zu 2) unterlegen war. Beide Bekl. waren durch denselben Prozessbevollmächtigten vertreten worden. Dieser hatte dem Bekl. zu 2) lediglich die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG in Rechnung gestellt, die übrigen Gebühren und Auslagen hingegen der Bekl. zu 1). Die Bekl. zu 1) hatte die Festsetzung der Anwaltskosten – mit Ausnahme der Gebührenerhöhung – in voller Höhe beantragt. Der Rechtspfleger des LG hat (wohl) nur die Hälfte der für die gemeinsame Vertretung beider Bekl. angefallenen Anwaltskosten zugunsten der Bekl. zu 1) festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Bekl. zu 1) hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … Bei gemeinsamer Beauftragung eines Anwalts durch Streitgenossen und unterschiedlichem Prozessausgang kann im Regelfall der obsiegende Streitgenosse nur den auf ihn entfallenden Bruchteil der Anwaltskosten vom Gegner erstattet verlangen. Im Normalfall ist davon auszugehen, dass sämtliche Streitgenossen einen gleichen Anteil der Anwaltskosten des gemeinsamen Anwalts im Innenverhältnis zu tragen haben" (BGH NJW-RR 2003, 1217).
Ausnahmsweise kann sich aber die Alleinhaftung eines Streitgenossen dann ergeben, wenn feststeht, dass dieser im Innenverhältnis für die Kosten des gemeinsamen Anwalts letztlich allein aufzukommen hat. Das hat der erkennende Senat wiederholt entschieden (Senat JurBüro 1991, 1542; JurBüro 2000, 145; JurBüro 2002, 37; JurBüro 2011, 646).
Einen solchen Nachweis hat die Bekl. zu 1) vorliegend nicht geführt. Objektiv ist festzuhalten, dass beide Bekl. denselben Prozessbevollmächtigten beauftragt haben. Von einem einheitlichen Auftrag gingen erkennbar auch die Bekl. zu 1) und ihre Bevollmächtigten aus, wie der Hinweis auf die für den Bekl. zu 2) reklamierte und diesem allein in Rechnung gestellte Erhöhungsgebühr zeigt. Auch vor dem Hintergrund einer möglichen Interessenkollision wäre anderes nicht denkbar.
Eine Vereinbarung, dass die Bekl. zu 1) im Innenverhältnis die Kosten alleine zu tragen hat, behauptet sie auch mit ihrer eidesstattlichen Versicherung v. 11.11.2013 nicht. Sie zeigt, dass über die Gebührenverteilung zwischen den Bekl. nicht gesprochen wurde. Allein die Erwartung, dass der Bekl. 2) seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Bevollmächtigten nicht wird nachkommen können, reicht dafür nicht. Dies betrifft allein das wirtschaftliche Risiko der Bevollmächtigten bzw. – soweit die Bevollmächtigten sie als Gesamtschuldnerin in Anspruch nehmen – der Bekl. zu 1). Tatsächlich wurde dem Bekl. zu 2) auch zumindest die Mehrvertretungsgebühr in Rechnung gestellt, die bei einer solchen Vereinbarung auch die Bekl. zu 1) hätte tragen müssen. Das zeigt die tatsächlich fehlenden Absprachen.
Nach dem auch von der Bekl. zu 1) dargelegten Sachverhalt haften sie und der Bekl. zu 2) im Innenverhältnis ihren Bevollmächtigten jeweils hälftig, wenn auch als Gesamtschuldner. Ein Sachverhalt, nach dem feststeht, dass die Bekl. zu 1) die Kosten im Innenverhältnis alleine tragen muss, ist nicht glaubhaft gemacht. … “
3 Anmerkung:
Die Frage, welche Kosten bei Vertretung mehrerer Streitgenossen durch denselben Prozessbevollmächtigten anfallen, stellt sich nicht nur in der auch dem OLG Koblenz vorliegenden Fallgestaltung, wenn ein Streitgenosse unterliegt und der andere obsiegt. Dasselbe Problem tritt auf, wenn beide Streitgenossen zu unterschiedlichen Anteilen obsiegen, wenn etwa der Bekl. zu 1) seine gesamten Kosten erstattet verlangen kann, der durch denselben Prozessbevollmächtigten vertretene Bekl. zu 2) hingegen nur die Hälfte. Im Kostenfestsetzungsverfahren muss in beiden Fallgestaltungen ermittelt werden, welcher Anteil der durch die gemeinsame Vertretung beider Streitgenossen angefallenen Anwaltskosten auf jeden der beiden Streitgenossen entfällt. Gleiches gilt im Übrigen bei unterschiedlichem Prozessausgang auch bei Vertretung von mehr als zwei Streitgenossen durch denselben Prozessbevollmächtigten.
Der BGH (BRAGOreport 2003, 177 (Hansens) = NJW-RR 2003, 1217 = JurBüro 2004, 197) hat – unter Aufgabe seiner Auffassung im Beschl. v. 12.2.1954, BGH NJW 1954, 1451 = JurBüro 1969, 941 klargestellt, dass der obsiegende Streitgenosse grds. nur den seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen kann. Sind die Streitgenossen an dem Gegenstand des Rechtsstreits in gleicher Weise beteiligt,...