BGB § 249
Leitsatz
Wird eine im Bereich einer Autobahn befindliche Baustellenabsicherungsanlage durch ein Kraftfahrzeug beschädigt, kann dem Unternehmer, der die Anlage im Auftrag der zuständigen Behörde errichtet hat, ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens in Höhe des Werklohns zustehen, den ein gewerblicher Betrieb für eine Reparatur in vergleichbaren Fällen üblicherweise verlangen kann.
BGH, Urt. v. 19.11.2013 – VI ZR 363/12
Sachverhalt
Die Kl. betreibt ein Unternehmen, das komplette Baustellenabsicherungsanlagen errichtet. Am Unfalltag geriet ein vom Bekl. zu 2) gesteuerter, bei der Bekl. zu 1) versicherter Lkw auf der A 61 aufgrund eines geplatzten Vorderreifens ins Schleudern und kollidierte mit einer von der Kl. errichteten Baustellenabsicherungsanlage, die hierdurch beschädigt wurde. Die unstreitig in voller Höhe haftenden Bekl. haben nur einen Teil der von der Kl. geltend gemachten Schadenspositionen ersetzt. Im Berufungsverfahren streiten die Parteien um die Ersatzfähigkeit der Schadenspositionen Materialgemeinkostenzuschlag, Fertigungsgemeinkostenzuschlag, Kosten der Schadensbekämpfung, Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie Wagnis und Gewinn. Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. blieb erfolglos. Die von dem BG zugelassene Revision der Kl. führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das BG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
2 Aus den Gründen:
[8] "… 1. Die Auffassung des BG, ein Anspruch der Kl. sei zu verneinen, weil die streitigen Positionen nicht durch das konkrete Unfallereignis bedingt seien, beruht auf einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, wonach dann, wenn wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist, der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen kann."
[9] a) Das BG meint, seiner Entscheidung die Ausführungen des erkennenden Senats in dem Urt. v. 31.5.1983 (VI ZR 241/79, VersR 1983, 755) zugrunde legen zu können. … Das ist indes nicht der Fall. Jene Entscheidung greift Erwägungen des Senatsurt. v. 26.5.1970 (VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82, 87 f.; vgl. auch Senatsurt. v. 3.2.1961 – VI ZR 178/59, JZ 1961, 420, 421) auf. Diesen Entscheidungen liegt jeweils zugrunde, dass ein Verkehrsbetrieb unfallbedingt einen Schaden an seinen Fahrzeugen erlitt. Der erkennende Senat hat entschieden, dass ein Verkehrsbetrieb, der eine Werkstätte unterhält, die nur zur Instandsetzung der eigenen Fahrzeuge bestimmt ist, von dem Beschädiger eines Fahrzeugs nicht ohne weiteres Ersatz der höheren Kosten einer nicht vorgenommenen Fremdreparatur fordern kann, dass vielmehr i.d.R. lediglich nach den Selbstkosten einer solchen Betriebswerkstatt zuzüglich anteiliger Gemeinkosten abgerechnet werden kann, weil nur diese Kosten i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Herstellung erforderlich sind.
[10] Bei der vorliegenden Fallgestaltung liegen die Dinge anders. Ein Verkehrsbetrieb, der seine eigenen Fahrzeuge in einer eigenen Werkstatt repariert, ist nicht als Reparaturbetrieb gegenüber Dritten gewerblich tätig. Er führt die Reparaturen durch, um seine Leistungen als Verkehrsbetrieb unter Inanspruchnahme der reparierten Verkehrsmittel erbringen zu können. Es ist deshalb gerechtfertigt, ihn auf die Selbstkosten der durchgeführten Reparaturen zuzüglich anteiliger Gemeinkosten zu verweisen.
[11] Die Kl. erbringt hingegen die Einrichtung und Wartung von Baustellenabsicherungsanlagen als typische Fremdleistung für die beauftragenden Straßenverwaltungen. Auch die Reparatur einer unfallbeschädigten Baustellenabsicherungsanlage erfolgt, sofern nicht ohnehin ein gesonderter Auftrag für die Reparatur einer Fremdanlage vorliegt, um die dem Auftraggeber geschuldete Leistung vertragsgemäß zu erbringen. Nach der Rspr. des erkennenden Senats hat aber ein Gewerbetreibender, der die ansonsten gewinnbringend eingesetzten Kapazitäten seines Betriebs dazu benutzt, beschädigtes Eigentum selbst zu reparieren, einen Anspruch darauf, dass ihm die Kosten einer Fremdreparatur ersetzt werden. Dies gilt selbst dann, wenn das vorhandene Personal die Reparatur ohne gesonderte Vergütung vornimmt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Betrieb nicht ausgelastet ist und deshalb ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur genutzt werden können (vgl. Senatsurt. v. 26.5.1970 – VI ZR 168/68, a.a.O. S. 87; v. 19.6.1973 – VI ZR 46/72, BGHZ 61, 56, 58; BGH, Urt. v. 30.6.1997 – II ZR 186/96, VersR 1997, 1287, 1288 f.; OLG Hamm VersR 1991, 349 f.). Für Letzteres ist der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet (vgl. OLG Frankfurt NJW 2012, 2977; LG Bochum NJW-RR 1989, 1195; LG Mühlhausen, Urt. v. 8.11.2011 – 2 S 95/11, juris Rn 10; a.A. wohl OLG Saarbrücken r+s 2013, 520, 522), wobei allerdings dem Geschädigten im Rahmen der sekundären Darlegungslast eine konkrete Darstellung der betrieblichen Auslastungssituation obliegt (LG Hannover SP 2012, 364; dazu Wenker, jurisPR-VerkR 1/2013 Anm. 3).
[12] b) Dass der Betrieb der Kl. nicht ausgelastet gewesen wäre, ste...