BGB § 250

Leitsatz

Weigert sich der Ersatzpflichtige eines Schadensersatzanspruchs des Geschädigten, diesen von den Sachverständigenkosten freizustellen, wandelt sich der Befreiungsanspruch des Geschädigten in einen Zahlungsanspruch um.

(Leitsatz der Schriftleitung)

AG Kaiserslautern, Urt. v. 23.9.2014 – 11 C 895/14

Sachverhalt

Nach einem Verkehrsunfall beauftragte der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Ermittlung des Fahrzeugschadens und stellte dies dem Geschädigten in Rechnung. Die beklagte Haftpflichtversicherung weigerte sich, den Geschädigten von einem Teil der von ihr als überhöht angesehener Sachverständigenkosten freizustellen. Das AG ging davon aus, dass der Geschädigte nach der Weigerung nunmehr Zahlung, nicht mehr die Befreiung von der noch offen stehenden Restverbindlichkeit gegenüber dem Sachverständigen verlangen könne und sprach nach inhaltlicher Prüfung der Sachverständigenrechnung dem Geschädigten den geltend gemachten Restanspruch zu.

2 Aus den Gründen:

"Der Kl. hat gegenüber der Bekl. einen Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten i.H.v. 83,35 EUR nebst Zinsen gem. § 7 StVG, § 116 VVG, § 249 ff. BGB."

a. Der Kl. ist aktiv legitimiert. Er macht eigene Ansprüche geltend. Der Einwand der Bekl., zur Schlüssigkeit der Klage müsse zunächst die Vereinbarung zwischen ihr und dem Sachverständigen vorgelegt werden, denn “sofern der Sachverständige selbst Ansprüche im Wege der Abtretung geltend mache, müsse er sich über § 242 BGB den Einwand der Überhöhung entgegenhalten lassen‘, geht fehl. Der Kl. als Geschädigter ließ seinen Pkw begutachten. Grundsätzlich stehen ihm damit Schadensersatzansprüche zu, die auch grds. die Kosten für ein in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten umfassen. Die Bekl. selbst trägt nicht einmal vor, es sei eine Abtretung erfolgt, sondern stellt nur ihre Rechtsansicht dar, für den Fall, dass dem so wäre. Es obläge aber ihr, substantiiert vorzutragen, dass eine Abtretung erfolgt ist und der Kl. damit seine auch nach Ansicht der Bekl. ursprünglich gegebene Aktivlegitimation verloren hat. Der Kl. hat zur Schlüssigkeit der Klage gerade nicht darzutun oder sogar nachzuweisen, dass sie ihre Ansprüche nicht abgetreten hat.

b. Das Bestreiten des Ausgleichs der Sachverständigenrechnung seitens der Bekl. geht ins Leere. § 250 8GB eröffnet dem geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen. Nach § 250 S. 2 BGB geht ein Befreiungsanspruch in einen Geldanspruch erst dann über, wenn der Geschädigte dem Schädiger erfolglos eine Frist zur Herstellung gesetzt hat. Die Fristsetzung ist jedoch entbehrlich, wenn der Schadenersatzpflichtige die Leistung eindeutig ablehnt, d.h. ernsthaft und endgültig verweigert (BGH NJW 2005, 3285). Wenn sich der Ersatzpflichtige (bzw. dessen Haftpflichtversicherer) ernsthaft und endgültig weigert (BGH NJW-RR 2011, 910), den Geschädigten von seinen Anwaltskosten freizustellen oder überhaupt jede Schadenersatzleistung ablehnt (was auch in einem entsprechenden prozessualen Verhalten liegen kann, BGH NJW 1999, 1542), kann der Geschädigte unmittelbar auf Zahlung klagen und ist im Hinblick auf § 250 BGB nicht auf die Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs beschränkt (OLG Oldenburg NJW-RR 2012, 927; LG Hamburg SP 2013, 32; AG München v. 3.4.2003 – 343 C 15534/08, juris). Der Befreiungsanspruch wandelt sich in demjenigen Zeitpunkt in eine Geldforderung um, in welchem der Berechtigte Geldersatz fordert (BGH NJW-RR 2011, 910, BGH NJW 1992, 2221). Gleiches gilt für Sachverständigenkosten (AG Saarbrücken v. 14.9.2006 – 5 C 322/06, juris; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014). Da hier spätestens in dem Klageabweisungsantrag eine endgültige Erfüllungsverweigerung liegt, kann der Kl. – selbst er wenn ursprünglich nur berechtigt gewesen wäre, Freistellung zu verlangen – einen Zahlungsanspruch geltend machen.

c. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören anerkanntermaßen zu den vom Schädiger zu ersetzenden Positionen, wenn die Einholung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Das ist bei Verkehrsunfällen regelmäßig der Fall und wird hier als solches durch die Bekl. auch nicht in Zweifel gezogen.

Der Einwand, die Sachverständigenkosten seien überhöht und daher im nicht erstatteten Teil nicht ersatzfähig, bleibt ohne Erfolg. Auch genügt der Kl. in Bezug auf die Schadenshöhe ihrer Darlegungs- und Beweislast bereits durch Vorlage einer Rechnung des von ihr in Anspruch genommenen Sachverständigen (BGH, Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13, VersR 2014, 474), die Vorlage der Vereinbarung zwischen ihr und dem Sachverständigen ist auch hierfür entgegen der Auffassung der Bekl. nicht erforderlich.

aa. Zwar trifft es zu, dass der Geschädigte grds. nur diejenigen Kosten ersetzt verlangen kann, die zur Behebung des Schadens erforderlich waren. Erforderlich sind dabei solche Kosten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten aus g...

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