ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
Leitsatz
Wird die Klage allein aus dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen, reicht es grds. für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung aus, dass der Kl. vorträgt, die aus einem bestimmten Unfallereignis geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt.
BGH, Urt. v. 10.3.2015 – VI ZR 215/14
Sachverhalt
Der Kl. hat die Verurteilung der Bekl. zum Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls verfolgt. Das AG hat die Klage wegen von ihm angenommener Verjährung etwaiger Ansprüche abgewiesen. Das LG hat die Berufung des Kl. verworfen. Die Berufungsbegründung des Kl. genüge nicht den an die Berufungsbegründung gem. § 530 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO zu stellenden Anforderungen, da sich ihr nicht entnehmen lasse, wie der Rechtsstreit bei Berücksichtigung seiner Rechtsansicht zu entscheiden sei, da sich der Kl. darauf beschränkt habe, auszuführen, dass sein nicht näher qualifizierter Schadensersatzanspruch nicht wegen Verjährung gehemmt sei.
Die vom LG zugelassene Revision des Kl. führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das BG.
2 Aus den Gründen:
[4] "… Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt den Kl. in seinem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip)."
[5] a) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Berufung nicht schon deshalb unzulässig, weil nicht erkennbar ist, dass die Berufungsbegründung von dem durch den Briefbogen als Ersteller ausgewiesenen Rechtsanwalt unterschrieben wurde. Es ist zwar anders als in anderen Schriftsätzen in der Berufungsbegründung nicht angegeben, dass die Unterschrift von dem Prozessbevollmächtigten zweiter Instanz des Kl. stammt. Zudem unterscheidet sich die Unterschrift von den Unterschriften unter den anderen Schriftsätzen. Der Kl. hat jedoch durch Vorlage von Kopien des Ausweises der Rechtsanwaltskammer, des Führerscheins sowie des Personalausweises seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und dessen anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass dieser die Berufungsbegründung unterschrieben hat. Der erkennende Senat hat aufgrund dessen Begründung, er unterzeichne nach geäußerten Bedenken des Vorsitzenden einer Berufungskammer gegen seine übliche Unterschrift Berufungsschriftsätze anders als andere Schriftsätze mit seiner “bürgerlichen Unterschrift’, keine Zweifel daran, dass die Berufungsbegründung von ihm unterschrieben wurde.
[6] b) Das BG hat die in § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO beschriebenen Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung überspannt und hierdurch dem Kl. den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger Weise versagt.
[7] aa) Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. Senat, Beschl. v. 11.3.2014 – VI ZB 22/13, VersR 2014, 895 Rn 8; vom 27.1.2015 – VI ZB 40/14, juris Rn 7; vom 10.2.2015 – VI ZB 26/14, z.V.b.; BGH, Beschl. v. 13.9.2012 – III ZB 24/12, NJW 2012, 3581 Rn 8; vom 23.10.2012 – XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn 10; vom 22.5.2014 – IX ZB 46/12, juris Rn 7; jeweils m.w.N.).
[8] bb) Nach diesen Grundsätzen hat das BG zu strenge Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung gestellt (§ 520 Abs. 3 S. 2 ZPO).
[9] Der Kl. hat – wie gefordert zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich – den vom AG für die Klageabweisung maßgeblichen Gesichtspunkt angegriffen, dass die Schadensersatzansprüche des Kl. aus dem Unfallereignis vom 21.11.2009 verjährt seien. Er hat dies näher ausgeführt und die Umstände mitgeteilt, die aus seiner Sicht das Urteil in Frage stellen. Für die Zulässigkeit der Berufung ist ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind.
[10] Aus der Berufungsbegründung ergibt sich auch noch ausreichend, dass der Kl. Schadensersatzansprüche aus einem Unfallereignis vom 21.11.2009 geltend macht und der Auffassung ist, dass ihm solche Ansprüche zustehen. Nachdem das AG die Klage allein aus dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen und dementsprechend etwaige Ansprüche aus §§ 7 ff. StVG und § 823 BGB nicht geprüft hat, war es nicht geboten, ausdrücklich noch einm...