"Mit dem angefochtenen Urteil wies das AG die Klage ab. Zwar habe der Bekl. eine Verkehrsunfallflucht begangen und dadurch eine Obliegenheitsverletzung gegenüber der Kl. begangen. Jedoch habe er den Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 VVG geführt. Eine andere Möglichkeit als die volle Leistungspflicht der Kl. habe nicht bestanden. Die Kl. habe nicht vorgetragen, welche Maßnahmen sie bei sofortiger Erfüllung der Obliegenheit durch den Bekl. getroffen und welchen Erfolg sie sich davon versprochen hätte."
II. Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache Erfolg.
Die Kl. kann aus §§ 116 Abs. 1 S. 2 VVG, 426 BGB die Rückerstattung des von ihr zur Schadensregulierung geleisteten Betrages verlangen. Der Bekl. hat gegen seine Obliegenheit verstoßen, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadens dient, und den Unfallort nicht ohne die erforderlichen Feststellungen zu verlassen (Ziff. E.1.3 der AKB). Damit entfällt – bei Vorsatz – der Versicherungsschutz (Ziff. E.7.1 der AKB). Von einem vorsätzlichen Handeln des Bekl. ist auszugehen, da er den Unfall bemerkt und deswegen die Obliegenheitsverletzung jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat.
Eine Verpflichtung der Kl. zur Leistung ergibt sich nicht aus § 28 Abs. 3 VVG. Nach höchstrichterlicher Rspr. wird in den Fällen des § 142 Abs. 1 StGB das Aufklärungsinteresse des VR durch einen Verstoß gegen diese Norm in jedem Falle beeinträchtigt (BGH zfs 2013, 91). Der Bekl. hat aber eine Verkehrsunfallflucht i.S.d. § 142 Abs. 1 StGB begangen, da er nicht am Unfallort gewartet hat oder sich berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt hat. Ob der genannten Auffassung des BGH in jedem Falle und uneingeschränkt zu folgen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Insbesondere bestand keine Veranlassung, den – teils sehr spekulativen – Ausführungen hierzu weiter nachzugehen. Denn der Bekl. hat die Obliegenheit zur Überzeugung der Kammer nicht nur vorsätzlich, sondern auch arglistig verletzt, was den Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 S. 2 VVG ausschließt. Arglist führt auch dann zur (vollständigen) Leistungsfreiheit des VR, wenn die Verletzung der Obliegenheit folgenlos geblieben ist (Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 28 Rn 115).
Der Begriff der Arglist ist vorliegend allein in dem ihm in § 28 Abs. 3 S. 2 VVG zugewiesenen Sinne zu verstehen. Keinesfalls ist er mit ähnlich klingenden Begriffen, wie etwa der Heimtücke im strafrechtlichen Sinne, zu verwechseln. Ein arglistiges Verhalten nach § 28 Abs. 3 S. 2 VVG setzt (nur) voraus, dass der Versicherte der Obliegenheit bewusst und gewollt zuwider handelt und zugleich wenigstens in Kauf nimmt, das Verhalten des VR dadurch zu dessen Nachteil zu beeinflussen. Der Versicherte muss daher einen aus seiner Sicht gegen die Interessen des VR gerichteten Zweck verfolgen.
Dies ist der Fall. Zwar lässt allein der Umstand, dass sich der Bekl. vorsätzlich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, noch nicht den Schluss auf ein arglistiges Verhalten zu Lasten der Kl. zu, denn einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, damit stets einen gegen die Interessen des VR gerichteten Zweck verfolgt, gibt es nicht ( … vgl. BGH zfs 2013, 91). Vorliegend ist allerdings festzustellen, dass der Bekl. nicht nur den Unfall, sondern auch den gegnerischen Schaden festgestellt hat. Er ist selbst von einem “Bagatellschaden’ ausgegangen, was laut Berufungserwiderung einen Schaden von bis zu 50 EUR bedeutet. Allerdings sind auch “kleinere Schäden’ oder “Bagatellschäden’ Schäden. Solche werden – jedenfalls in Deutschland – üblicherweise auch repariert; jedenfalls hat der Unfallgegner einen Anspruch auf Schadensersatz. Die tatsächliche Schadenshöhe konnte der Bekl. vor Ort kaum einschätzen. Er hat sich also in dem Wissen, einen (Bagatell-)Schaden verursacht zu haben, vom Unfallort entfernt und wusste insoweit auch, dass er damit die an sich gebotene Schadensabwicklung über die Versicherung unmöglich macht. Arglistig handelt der VN aber bereits dann, wenn er sich bewusst ist, dass sein Verhalten den VR bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH NJW 1986, 1100). Ein solches Bewusstsein ist anzunehmen, wenn dem VN – wie hier – bekannt ist, dass er einen Schaden verursacht hat.
Anders wäre es nur, wenn der Bekl. davon ausgegangen wäre, gar keinen Schaden verursacht zu haben. Dies hat er jedoch erstinstanzlich nicht behauptet, während sein abweichender Vortrag hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 4.12.2014 unbeachtlich ist. Mithin wollte er einen, wenn auch vermeintlich kleinen, Schaden verschleiern. Zwar mag der Bekl. in der vorliegenden Situation nicht an versicherungsrechtliche Fragen gedacht haben (daher kritisch gegenüber der Annahme von Arglist: Rixecker, in: Römer, VVG, 4. Aufl., § 28 Rn 106; LG Offenburg zfs 2013, 178). Es reicht – wie erörtert – jedoch ein entsprechendes Bewusstsein. Auch wenn das Ve...