BBesG § 68a; StVG § 7 § 11 S. 1 § 17
Leitsatz
Bei der Berechnung des Anspruchs auf Ersatz von Verdienstausfall ist der Auslandsverwendungszuschlag grds. als Einkommen des Verletzten zu berücksichtigen.
BGH, Urt. v. 27.10.2015 – VI ZR 183/15
Sachverhalt
Der Kl. ist Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Er nimmt die Bekl. aufgrund eines Verkehrsunfalls auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und nach Stattgabe der Klage im Übrigen die Bekl. auf den Ersatz einer ihm entgangenen Auslandsverwendungszulage in Anspruch. Der Kl. war nach einem Verkehrsunfall, für den die Bekl. zu 1) zu 100 % eintrittspflichtig ist, im Zeitraum vom 29.6.2011 bis zum 23.1.2012 aufgrund der erlittenen Verletzungen arbeits- und dienstunfähig. Deshalb konnte er nicht auf der Fregatte der Bundeswehr während einer Anti-Piraten-Mission von November 2011 bis zum 3.2.2012 seinen Dienst aufnehmen. Erst am 24.2.2012 trat er seinen Dienst wieder an. Der Kl. macht in der Revisionsinstanz den ihm nach seiner Ansicht entgangenen Auslandsverwendungszuschlag von 5.290 EUR geltend.
Das LG hat ihm einen solchen Anspruch zugesprochen. Das OLG hat die Klage hinsichtlich des Auslandsverwendungszuschlags abgewiesen. Der Kl. verfolgt mit der Revision den Anspruch auf Zahlung der Auslandsverwendungszulage weiter.
Die Revision führte zur Aufhebung der angefochtenen Berufungsentscheidung und Zurückverweisung an das BG
2 Aus den Gründen:
[8] "… Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand."
[9] Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des BG, dem Kl. sei infolge des Unfalls kein Erwerbsschaden i.S.d. § 842 Fall 1 BGB, § 11 S. 1 Fall 1 StVG entstanden, weil der entgangene Auslandsverwendungszuschlag nicht ersatzfähig sei. Feststellungen dazu, dass der Kl. den Auslandseinsatz wegen der beim Unfall erlittenen Verletzungen versäumt hat, hat das BG nicht getroffen. Darauf weist die Revisionserwiderung im Rahmen einer Gegenrüge zwar zutreffend hin. Für das Revisionsverfahren hat der Senat aber zugunsten des Kl. zu unterstellen, dass die Unfallfolgen kausal für den verspäteten Einsatz des Kl. auf der Fregatte “Lübeck’ waren.
[10] 1. Gem. § 842 BGB, § 11 S. 1 StVG erstreckt sich bei einer Körperverletzung die Verpflichtung zum Schadensersatz auf die (Vermögens-) Nachteile, die der Verletzte durch die Aufhebung oder Minderung seiner Erwerbsfähigkeit erleidet. Die Ersatzpflicht greift ein, wenn durch die Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Verletzten in dessen Vermögen ein konkreter Schaden entstanden ist. Ein solcher liegt nicht nur in dem Verlust von Arbeitseinkommen; der Erwerbsschaden umfasst vielmehr alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die der Verletzte erleidet, weil und soweit er seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht verwerten kann, die also der Mangel der vollen Einsatzfähigkeit seiner Person mit sich bringt (vgl. Senatsurt. v. 20.3.1984 – VI ZR 14/82, BGHZ 90, 334, 336 f.; v. 8.4.2008 – VI ZR 49/07, BGHZ 176, 109 Rn 9; v. 25.6.2013 – VI ZR 128/12, BGHZ 197, 316 Rn 12 f.; siehe auch Senatsbeschl. v. 20.10.2009 – VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn 7; Staudinger/Vieweg, BGB, 2015, § 842 Rn 13; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 842 Rn 2). Aufwandsentschädigungen, die kein zusätzliches Einkommen, sondern nur eine Vergütung für tatsächliche erwerbsbedingte Aufwendungen sind (Spesen, Kleidergeld und dergleichen), sind hingegen nicht vom Schädiger zu ersetzen, wenn der Verletzte verletzungsbedingt nicht in der Lage ist, der mit Aufwendungen verbundenen Tätigkeit nachzugehen. Insoweit ist der Verletzte nicht geschädigt, denn dem Ausbleiben der Aufwandsentschädigung steht die Ersparnis der Aufwendungen gegenüber (Senatsurt. v. 22.9.1967 – VI ZR 46/66, VersR 1967, 1080; v. 24.4.1979 – VI ZR 204/76, VersR 1979, 622, 624 [insoweit nicht abgedr. in BGHZ 74, 221]; OLG Düsseldorf VersR 1996, 334, 335; OLG Hamm OLGR 1996, 90; Bomhard, VersR 1960, 683, 684 ff.; Staudinger/Vieweg, BGB, 2015, § 842 Rn 75; MüKo-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 252 Rn 23; RGRK/Boujong, BGB, 12. Aufl., § 842 Rn 13; Wussow/Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 32 Rn 4). Bei Zahlung eines pauschalierten Aufwendungsersatzes ist eine echte Aufwandsentschädigung dann anzunehmen, wenn der Geschädigte auch tatsächlich Aufwendungen gehabt hätte, die mit der Pauschale abgegolten werden sollten. Erhält er hingegen eine Pauschale, die nicht notwendigerweise für tatsächliche Verwendungen bestimmt ist, wird durch den Pauschbetrag sein Einkommen faktisch erhöht. Bei der Berechnung des Anspruchs auf Ersatz des Verdienstausfalls ist der Anspruch auf einen solchen pauschalen Betrag demzufolge als Einkunft zu berücksichtigen (Senatsurt. v. 24.4.1979 – VI ZR 204/76, VersR 1979, 622, 624 [insoweit nicht abgedr. in BGHZ 74, 221]; OLG München VersR 1986, 69; OLG Düsseldorf VersR 1996, 334, 335; MüKo-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 252 Rn 23; NK-BGB/Huber, 2. Aufl., § 842 Rn 2; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 11. Aufl., Rn 43; Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, 4. Aufl., § 4 Rn 152 f., § 6 Rn 50, 52...