Der BGH hat bisher über diese Möglichkeit der Schadenregulierung noch nicht entschieden. Im Urteil vom 14.12.2010 – VI ZR 231/09 begehrte der Geschädigte konkrete Reparaturkosten bis zu 100 % des Wiederbeschaffungswertes. Diese wurden ihm zuerkannt und in der Revision gebilligt, da es ihm entgegen der Einschätzung des vorgerichtlichen Sachverständigen gelungen war, eine fachgerechte und den Vorgaben des Sachverständigen entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen. Dem BGH-Urteil vom 8.2.2011 – VI ZR 79/10 lag zwar die hier dargestellte Konstellation konkreter Reparaturkosten bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes zugrunde, es fehlte jedoch an einer fachgerechten Reparatur, weshalb die Frage vom BGH offen gelassen wurde und die Revision keinen Erfolg hatte. Gleiches gilt für das Urteil vom 2.6.2015 – VI ZR 387/14. Daher ist in besonderem Maße auf den Umstand einer fachgerechten Reparatur zu achten. Die Reparatur muss vor allem bei einem älteren Fahrzeug nicht immer mit Neuteilen erfolgen. Betrachtet man die Grundsätze des BGH-Urteils vom 14.12.2010 – VI ZR 231/09, sind diese auf den Sachverhalt der 130 %-Grenze anwendbar. Der BGH führt aus, dass jedenfalls unter solchen Umständen, in denen zwar die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber – auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen – gelungen ist, eine fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, er Anspruch auf die Reparaturkosten hat. Auch für die 130 %-Fälle ist eine fachgerechte Reparatur zum Nachweis des Integritätsinteresses erforderlich (BGH, Urt. v. 15.11.2011 – VI ZR 30/11).
Hinzu kommt noch ein weiteres: Wenn es dem Versicherer möglich ist, im Bereich der fiktiven Schadensabrechnung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt zu verweisen, ist kein Grund ersichtlich, warum dies dem Geschädigten im Bereich der konkreten Schadensabrechnung verwehrt sein soll.
Zu beachten ist aber noch, dass für die grundsätzliche Frage, ob eine Abrechnung nach der 130 %-Grenze möglich ist, die vom Gutachter ermittelten Reparaturkosten brutto (BGH, Urt. v. 3.9.2009 – VI ZR 100/08) sowie eine Wertminderung maßgeblich sind (BGH, Urt. v. 15.10.1991 – VI ZR 314/90). Übersteigt die Addition beider den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 %, ist eine Schadensabrechnung nach der 130 %-Rechtsprechung grundsätzlich nicht möglich.