[1] "Das LG hat zu Unrecht die der Bekl. zu 2. in der Verkehrsunfallsache entstandenen Ermittlungskosten i.H.v. 630,70 EUR (Kosten des Detekteibüros … ) als nicht erstattungsfähig abgesetzt. Diese Kosten waren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Bekl. zu 2. notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO."
[2] Nach st. Rspr. des Senats sind die Kosten eines vor dem Rechtsstreits von einer Partei eingeholten Privatgutachtens nur ausnahmsweise zu erstatten (Senat, Beschl. v. 28.3.2008 – 2 W 41/08; Beschl. v. 12.6.2015 – 2 W 32/15). Voraussetzung ist, dass ein solches Gutachten gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben wurde (Prozessbezogenheit), wobei es genügt, dass sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet (vgl. BGH RVGreport 2009, 21 (Hansens)). Dabei wird allerdings grds. ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit zu verlangen sein (siehe Senat, a.a.O.).
[3] Dabei macht es grds. keinen Unterschied, ob es um Kosten für ein Privatgutachten oder – so, wie es hier der Fall war – um Detektivkosten geht. In beiden Fällen sind die relevanten Gesichtspunkte die gleichen. Es geht jeweils um prozessbezogene Sachverhaltsermittlung, wie sie im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig erscheint.
[4] Vorliegend besteht jedenfalls ein enger Bezug der von der Bekl. zu 2. veranlassten Ermittlung zu dem Rechtsstreit. Der streitgegenständliche Verkehrsunfall ereignete sich am 13.7.2011. Die Kl. forderte die Bekl. zu 2. am 20.7.2011 außergerichtlich zur Zahlung auf und erhob am 21.5.2015 Klage. Sie veranlasste die Bekl. zu 2. mit ihrem Vorgehen, sich an ein Detekteibüro zu wenden, um von dort aus Ermittlungen durchführen zu lassen, auf deren Ergebnis sie sich im Rahmen ihrer Klageerwiderung bezog.
[5] Der zeitliche Zusammenhang wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klage erst am 9.5.2015 eingereicht wurde. Würde man allein auf diesen letztgenannten Aspekt abstellen, hätte es der Kl. in der Hand, allein durch Zuwarten mit der Klageerhebung, die dann erst zu einem späten Zeitpunkt erfolgt, den zeitlichen Zusammenhang eines von der Gegenseite vorgelegten Privatgutachtens und damit dessen Prozessbezogenheit und die Erstattungsfähigkeit im Rahmen des § 91 ZPO zu zerstören. Es kommt vielmehr darauf an, welche Maßnahmen aus Sicht einer verständigen, wirtschaftlich denkenden Partei aus damaliger Sicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren.
[6] Eine Prozessbezogenheit wäre allerdings zu verneinen, wenn ein Gutachten lediglich der allgemeinen und eher routinemäßigen Prüfung der Frage, ob es sich um ein vorgetäuschtes Versicherungsereignis handelte und damit der Prüfung der Einstandspflicht der Bekl. diente (Senat, Beschl. v. 4.3.2011 – 2 W 99/10). Eine solche Prüfung hat die Versicherung grds. in eigener Verantwortung vorzunehmen und den dadurch entstehenden Aufwand deshalb grds. auch selbst zu tragen (vgl. BGH zfs 2008, 344 m. Anm. Hansens = RVGreport 2008,191 (Hansens)). Ein Gutachten muss gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben und damit “prozessbezogen’ sein (BGH BRAGOreport 2003, 96 (Hansens) = AGS 2003, 178). Prozessbezogenheit wird bejaht, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht eines versuchten Versicherungsbetruges vorhanden sind, weil dann von Anfang an damit zu rechnen ist, dass es zum Prozess kommt (BGH RVGreport 2009, 195 (Hansens); OLG Celle NJW-RR 2011, 1057). Dasselbe gilt nicht nur für Gutachten, sondern grds. ebenso – wie oben bereits dargestellt – für andere kostenauslösende Ermittlungstätigkeiten.
[7] Vorliegend bestanden, wie die Bekl. zu 2. bereits in ihrer Klagerwiderung aufgeführt und im Einzelnen dargestellt, zahlreiche Indizien, die für eine Unfallmanipulation sprachen. Diese Umstände waren geeignet, Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug zu sehen, so dass damit zu rechnen war, der Kl. werde auf jeden Fall versuchen, seine vermeintlichen Ansprüche in einem Rechtsstreit durchzusetzen.
[8] Aus Sicht der Bekl. zu 2. bestand damit die Notwendigkeit, zeitnah detektivische Ermittlungen in Auftrag zu geben, um im Falle des – zu erwartenden – nachfolgenden Prozesses auf das Vorbringen des Kl. zu dem angeblichen Unfall substantiiert erwidern zu können.“