"Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift ausgeführt: Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich bereits auf die Sachrüge hin als begründet, weshalb auf die weitere Beanstandung nicht mehr einzugehen ist. Das AG hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit – Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h – zu einer Geldbuße von 160 EUR verurteilt und gegen ihn nach § 25 StVG ein Fahrverbot angeordnet. Die Rechtsbeschwerde macht unter anderem geltend, dass die Voraussetzungen für eine korrekte Messung nicht vorgelegen haben und die vom Sachverständigen vorgetragenen Bedenken nicht gewürdigt worden seien."

Das AG hat in seinen Urteilsfeststellungen hierzu Folgendes festgestellt: “Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Betroffene die von dem Messgerät ermittelte Geschwindigkeit von 115 km/h auch gefahren ist. Die Messung erfolgte im Rahmen eines standardisierten Messverfahrens. Das zur Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der Messung eingeholte Sachverständigengutachten des Diplomphysikers … steht dem nicht entgegen. Der Sachverständige stellte fest, dass der Standortbereich des Messfahrzeuges teilweise bis etwa 10 Prozent zur Seite geneigt war, bei der Rekonstruktion spricht nach Berechnungen des Sachverständigen in einem mittleren Gefälle des Standorts des Messfahrzeuges zur Seite von ca. 6 Prozent. Da der Sachverständige letztlich aus technischer Sicht jedoch keine Fehlfunktion der Anlage nachweisen konnte, war unter zusammenfassender Würdigung festzustellen, dass der Aufstellort des Messfahrzeuges juristisch noch zu tolerieren ist, obwohl er nicht vollumfänglich der Gebrauchsanweisung entspricht, die fordert, dass aus fototechnischen Gründen der Aufstellplatz einigermaßen eben und parallel zur Fahrbahnoberfläche liegen soll.’

Diese Darlegungen halten einer Überprüfung nicht stand, denn sie sind lückenhaft. Insbesondere genügen sie nicht den Anforderungen, die bei bestreitender Einlassung des Betroffenen an die Darlegung eines ordnungsgemäß zustande gekommenen Messergebnisses zu stellen sind (vgl. BGH NJW 1993, 3081 f.). Aufgrund seiner zu dem Aufstellort des Messfahrzeuges getroffenen Feststellungen durfte das AG nicht mehr von einem standardisierten Messverfahren ausgehen.

Zwar handelt es sich bei der hier vorgenommenen Messung mit dem Messgerät Traffipax Speedophot um ein in der Rspr. grds. als geeignet anerkanntes Messverfahren, allerdings entsprach der Aufstellungsort des Messfahrzeuges nicht vollumfänglich den Vorgaben der Gebrauchsanweisung (vgl. UA S. 3). Die Einhaltung der Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers ist jedoch in dem Sinne verbindlich, dass nur durch sie das hierdurch standardisierte Verfahren, d.h. ein bundesweit einheitliches, korrektes und erprobtes Vorgehen, sichergestellt ist. Kommt es im konkreten Einzelfall zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung, so handelt es sich in diesem Fall nicht mehr um ein standardisiertes Verfahren, sondern um ein individuelles, das nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit und Genauigkeit für sich in Anspruch nehmen kann.

Mit anderen Worten: Von einem standardisierten Messverfahren kann nur bei Einhaltung der in der Gebrauchsanweisung vorgeschriebenen Verfahrensweise ausgegangen werden. Wird hiervon abgewichen, so handelt es sich um ein individuelles Messverfahren, das für sich die Vermutung der Richtigkeit und Genauigkeit nicht in Anspruch nehmen kann (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.10.2011 – IV-4 RBs 170/11; KG Berlin, Beschl. v. 11.3.2009 – 3 Ws (B) 67/08). Das Gerät ist dann auch nicht mehr als ein standardisiertes anzusehen, weil das Prüfergebnis für eine solcher Art der Bedienung (besser: Fehlbedienung) keine Gültigkeit besitzt. Es liegen dann konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit von Messfehlern vor mit der Folge, dass das Gericht, wenn es die Verurteilung auf ein solches, durch den Mangel eines Verstoßes gegen die Gebrauchsanweisung belastetes Messergebnis stützen will, dessen Korrektheit individuell zu prüfen hat (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, a.a.O.). Eine solche Überprüfung ist in aller Regel ohne Mitwirkung eines Sachverständigen für Messtechnik nicht möglich.

Dem angefochtenen Urteil ist zwar zu entnehmen, dass das AG zur Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der Messung ein Sachverständigengutachten eines Diplom Physikers eingeholt hat, allerdings fehlen hierzu Feststellungen, ob dieser das spezielle Fachwissen besitzt, welches zur Beurteilung der Auswirkung eines Verstoßes gegen die Anweisungen der Bedienungsanleitung im Hinblick auf den Aufstellungsort erforderlich ist.

Wesentlich ist jedoch, dass es im angefochtenen Urteil Ausführungen dazu bedurft hätte, was es mit dem Passus in der Bedienungsanleitung zum Aufstellplatz auf sich hat. Insbesondere, ob es sich insoweit um eine bloße Empfehlung – quasi eine “Sollvorschrift’ – handelt, oder wie sic...

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