Hinweis

In der Bußgeldsache gegen … begründe ich die Rechtsbeschwerde wie folgt:

Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts. Neben der allgemein erhobenen Sachrüge werden folgende Einzelbeanstandungen geltend gemacht:

Das angefochtene Urteil unterliegt der Aufhebung, da eine Identifizierung des Betroffenen als Fahrperson zum Tatzeitpunkt nicht möglich ist.

Es fehlt bereits eine deutliche und zweifelsfrei zum Ausdruck gekommene Inbezugnahme in den Urteilsgründen gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG auf das in der Akte befindliche Foto. Damit kann das Rechtsbeschwerdegericht das Foto nicht aus eigener Anschauung würdigen.

Darüber hinaus ist das Amtsgericht in den Urteilsgründen dem dann erforderlichen erhöhten Begründungsaufwand nicht nachgekommen. Es fehlt eine ausführliche Beschreibung zur Bildqualität und zu den vorgefundenen Identifizierungsmerkmalen.

Dem Rechtsmittelgericht ist daher anhand der Beschreibung aus den Urteilsgründen (gleichsam als wenn man das Foto betrachtet) die Prüfung nicht ermöglicht, ob diese Beschreibung generell geeignet ist, eine Person zu identifizieren.

Das angefochtene Urteil ist daher bereits auf die Sachrüge aufzuheben.

 

Erläuterung:

Auf dem Gebiet der Identifizierung eines Betroffenen anhand eines Lichtbildes werden von Amtsgerichten oftmals Fehler gemacht. Diese sind in der Rechtsbeschwerde zu rügen. Die Vorgehensweise hängt davon ab, wie der Tatrichter prozessual vorgegangen ist.

1. Bezugnahme, § 267 Abs. 1 S. 3 StPO

Wenn der Tatrichter von der Möglichkeit der Bezugnahme Gebrauch macht, sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich, wenn das Lichtbild zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet ist.

Probleme des Tatrichters stellen sich dann, wenn das Foto etwa aufgrund schlechterer Bildqualität wegen Unschärfe oder wegen des Fotoinhalts (Gesicht des Fahrers teilweise verdeckt) zur Identifizierung nur eingeschränkt geeignet ist. Dann muss der Tatrichter in den Urteilsgründen erörtern, warum er gleichwohl den Fahrer hat identifizieren können (BGHSt 41, 376). Dabei sind an die Begründung umso höhere Anforderungen zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist. Der Amtsrichter muss die auf dem Foto erkennbaren charakteristischen Merkmale, die für seine richterliche Überzeugungsbildung bestimmend waren, benennen und beschreiben.

Ansonsten stellt sich noch die Frage, ob die Bezugnahme wirksam ist. Die bloße Angabe der Aktenblattzahl genügt nicht (BayObLG DAR 197, 498), ebenso wenig die Mitteilung, das Bild sei in Augenschein genommen und mit dem Betroffenen verglichen worden (OLG Köln NZV 2004, 596; OLG Koblenz zfs 2012, 714).

2. Keine prozessordnungsgemäße Bezugnahme

Es gilt ein erhöhter Begründungsaufwand. Das Foto selbst steht nicht als Anschauungsobjekt zur Verfügung. Das Gericht muss durch eine entsprechend ausführliche Beschreibung die Prüfung ermöglichen, ob das Bild für eine Identifizierung geeignet ist. Das Urteil muss also Ausführungen zur Bildqualität enthalten (KG DAR 2006, 158). Zusätzlich müssen die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere Identifizierungsmerkmale so präzise beschrieben werden, dass dem Rechtsbeschwerdegericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei einer Betrachtung des Fotos die Prüfung seiner Ergiebigkeit ermöglicht wird (OLG Hamm zfs 2008, 294). Die Beschreibung muss mehr Merkmale umfassen, wenn die geschilderten Merkmale wie z.B. ovales Gesicht oder hoher Haaransatz auf eine Vielzahl von Personen zutreffen und daher weniger aussagekräftig sind.

3. Identifizierung aufgrund anthropologischen Sachverständigengutachten

Bei einem solchen Gutachten handelt es sich nicht um eine standardisierte Untersuchungsmethode (BGH NStZ 2000, 106; BGH NZV 2006, 160). Das Gericht darf sich daher nicht auf die Mitteilung des Ergebnisses des Gutachtens beschränken. Auch wenn der Richter von der Sachkunde des Sachverständigen überzeugt ist und sich dem Gutachten anschließt, müssen wenigstens in knapper Form die Anknüpfungstatsachen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil so wiedergegeben werden, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung des Urteils ermöglicht wird (OLG Oldenburg DAR 2009, 43; OLG Celle zfs 2013, 233).

Autor: Gerhard Hillebrand

RA Gerhard Hillebrand, FA für Strafrecht und für Verkehrsrecht, Neumünster

zfs 4/2017, S. 183

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