[4] 1. Das Beschwerdegericht lehnt eine Erstattung der Privatgutachterkosten im Kostenfestsetzungsverfahren ab. Zwar sei eine prozessuale Kostenerstattung nicht erschöpfend und lasse deshalb grds. Raum für ergänzende sachlich-rechtliche Ansprüche auf Kostenerstattung, die neben die prozessuale Kostenerstattung treten und dieser sogar entgegengerichtet sein könnten. Allerdings könne der einer prozessualen Kostenentscheidung zugrunde liegende Sachverhalt nach der Rspr. des BGH nur dann erneut zur Nachprüfung gestellt und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich anders beurteilt werden, wenn zusätzliche Umstände hinzugetreten seien, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bereits aus dem Gedanken der Rechtskraft folge, dass eine getroffene prozessuale Kostenentscheidung in einem selbstständigen Verfahren weitere sachlich-rechtliche Ansprüche ausschließe. Bei Anwendung dieser Grundsätze sei der Kl. in dem hier zu beurteilenden umgekehrten Fall gehindert, den ihm im Erkenntnisverfahren versagten Anspruch auf Erstattung von Privatgutachterkosten nun im Wege der Kostenfestsetzung zu realisieren.
[5] 2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
[6] Der Kl. kann die Privatgutachterkosten nicht mehr im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen, weil der eingeklagte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch mit der Begründung abgewiesen worden ist, mit der er nunmehr im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht wird.
[7] a) In der obergerichtlichen Rspr. und im Schrifttum wird verbreitet die Auffassung vertreten, die rechtskräftige Abweisung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs stehe einer prozessualen Kostenerstattung nicht entgegen (vgl. OLG Koblenz MDR 2009, 471 f, JurBüro 1992, 475 f.; LAG Berlin MDR 2002, 238 f.; OLG München NJW-RR 1997, 1294, MDR 1976, 846; OLG Bamberg JurBüro 1971, 88 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 8. Aufl., vor § 91 Rn 17 a.E.; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 103 Rn 1; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., vor § 91 Rn 11; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., vor § 91 Rn 13; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 32. Aufl., Vorbem. § 91 Rn 16; Becker-Eberhard, JZ 1995, 814, 816; Mümmler, JurBüro 1983, 284; a.A. wohl OLG Nürnberg MDR 1977, 936 f.; OLG Frankfurt JurBüro 1983, 283 f.). Begründet wird diese Ansicht insb. damit, dass die Voraussetzungen von materiell-rechtlichen und prozessualen Kostenerstattungsansprüchen nicht identisch seien (vgl. dazu auch BGH BGHZ 111, 168, 170 f.), weswegen der Abweisung des materiell-rechtlichen Anspruchs keine präjudizielle Wirkung für die prozessuale Kostenerstattung zukomme.
[8] b) Der BGH vertritt in st. Rspr. für den umgekehrten Fall des Verhältnisses der prozessualen zur materiell-rechtlichen Kostenerstattung die Ansicht, dass eine prozessuale Kostenentscheidung grds. nicht erschöpfend ist, sondern Raum für die Durchsetzung materiell-rechtlicher Ansprüche auf Kostenerstattung – etwa aus Vertrag, Verzug oder unerlaubter Handlung – lasse (vgl. BGHZ 45, 251, 257; NJW-RR 1995, 495; AGS 2002, 98 sowie zfs 2011, 567). Ein materiell-rechtlicher Anspruch kann danach je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er kann ihr sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibt hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, unverändert, geht es nicht an, nunmehr den gleichen Sachverhalt erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. Dies dient dazu, Unterschiede zwischen auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidungen über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden (vgl. BGH NJW-RR 1995, 495; AGS 2002, 98). Der mit der Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch eingetretene Rechtsfriede kann nicht nachträglich wieder mit der Begründung beseitigt werden, die Kostenentscheidung sei nach sachlichem Recht eigentlich ungerechtfertigt, sofern nicht die gesetzliche Regelung ihrerseits Korrekturmöglichkeiten vorsieht (BGH BGHZ 45, 251).
[9] c) Von diesen Grundsätzen ist auch für den Fall auszugehen, dass im Anschluss an die Abweisung einer auf materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen gestützten Kostenerstattungsklage eine prozessuale Kostenerstattung geltend gemacht wird.
[10] Der Senat muss nicht entscheiden, ob – wofür viel spricht – ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch dann begründet sein kann, wenn er auf Gründe gestützt wird, die für die Abweisung des materiell-rechtlichen Anspruchs nicht tragend waren (vgl. dazu MüKoZPO/Giebel, 3. Aufl., Vorbem. zu §§ 91 ff. Rn 22 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., Übers § 91 Rn 51; Schneider, MDR 1981, 353, 357 f.; Loritz, Die Konkurrenz materiell-rechtlicher und prozessualer Kostenerstattung, S. 79).
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