VVG § 82; AKB 08 E.1.4.
Leitsatz
Fährt ein VN nach einem nächtlichen Zusammenstoß mit einem Fuchs auf einer BAB zum nächsten Parkplatz weiter, so führt er einen dadurch entstandenen Motorschaden nicht durch grob fahrlässige Verletzung seiner Schadenminderungsobliegenheit herbei.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 8.2.2012 – 5 U 313/11
Sachverhalt
Der Kl. begehrt von der Bekl. Versicherungsleistungen aus einer Kaskoversicherung nach einem Zusammenstoß mit einem Fuchs.
Am 13.9.2010 gegen 3.45 Uhr morgens stieß er auf der BAB 8 mit einem die Straße überquerenden Fuchs zusammen, fuhr rund 1,5 km weiter bis zum nächsten, ihm bekannten Parkplatz und verständigte von dort aus die Polizei. Der Pkw des Kl. wurde später von diesem Parkplatz abgeschleppt. In der Werkstatt wurde festgestellt, dass der Pkw nicht nur im Bereich der vorderen Stoßstange und des Kühlergrills beschädigt war, sondern dass auch durch einen Ölverlust ein Schaden am Motor entstanden war. Die Bekl. hat behauptet, durch die Beschädigung des Ölfilters sei es lediglich zu einem kontinuierlichen Austritt von Motoröl gekommen, so dass der Motorschaden nur entstanden sei, weil der Kl. nicht angehalten habe, sondern weitergefahren sei.
2 Aus den Gründen:
"… Dem Kl. steht gegen die Bekl. gem. A.2.1.1, A.2.2.4, A.2.7 der der Kraftfahrtversicherung der Parteien zugrunde liegenden AKB 09/2008 auch ein Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten wegen des beschädigten Motors zu. Anwendbar ist auf den vorliegenden Versicherungsfall vom 13.9.2010 das neue VVG (Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG)."
(a) Der Motorschaden ist adäquat kausal auf den versicherten Zusammenstoß mit dem Fuchs zurückzuführen. Ein bloßer Ursachenzusammenhang i.S.d. Adäquanzlehre genügt nach den Bedingungen, die in A.2.2 festlegen, dass die Beschädigung des Fahrzeugs “durch' die im Einzelnen näher beschriebenen Ereignisse versichert ist. Eine Einschränkung der Kausalität, wie z.B. in A.2.2.3 durch das Erfordernis der “unmittelbaren Einwirkung' findet sich in A.2.2.4 beim Zusammenstoß mit Tieren nicht (entsprechend auch OLG Köln VersR 2011, 1439 zu § 1 AWB 87 – “durch Leitungswasser'). Ein adäquater Kausalzusammenhang ist dann anzunehmen, wenn eine Handlung oder Unterlassung im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und deshalb nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des eingetretenen Erfolgs geeignet war …
Das Hinzutreten einer weiteren Ursache ist grds. unbeachtlich. So wird das Tatbestandsmerkmal der Wildschadenklausel “durch einen Zusammenstoß' auch dann erfüllt, wenn der Zusammenstoß mit dem Wild die adäquate Ursache für ein späteres zum Unfall führendes Verhalten des Fahrzeugführers war. Anders ist der Fall nur zu beurteilen, wenn das Verhalten des Fahrzeugführers völlig überzogen ist (BGH VersR 1992, 349) und dem ersten Ereignis die Folgen der hinzutretenden Ursache billigerweise nicht mehr zugerechnet werden können.
Der Zusammenstoß mit dem Fuchs bei den auf einer Autobahn gefahrenen hohen Geschwindigkeiten war im allgemeinen geeignet, nicht nur durch den Aufprall des Fuchses sofort entstehende Schäden hervorzurufen, sondern auch in deren Folge sich verstärkende Schäden aufgrund des weiteren Betriebs des Fahrzeugs bis zum sicheren Stillstand. Das Auslaufen von Betriebsmitteln und darauf beruhende Schäden bei der Weiterfahrt bis zum sicheren Abstellen des Fahrzeugs erfordern keine besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und deshalb nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umstände. Dies gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug sofort zum Stillstand kommt oder bis zum nächsten Parkplatz weiterbewegt wird. Denn auch eine Weiterfahrt bis zum nächsten – nahegelegenen – Parkplatz kann nicht als unwahrscheinliches Kausalereignis angesehen werden, welches den Ursachenzusammenhang so beeinflusst, dass ein sich erst bei der Weiterfahrt verwirklichender Schaden nicht mehr billigerweise auf den Aufprall des Tieres zurückgeführt werden könnte. Vielmehr wird die Unfallfolge nur vertieft, nicht aber ein unfallunabhängiges neues Geschehen in Gang gesetzt.
(b) Der daraus folgenden Entschädigungspflicht der Bekl. kann diese nicht entgegenhalten, der Kl. habe grob fahrlässig gegen seine Schadensminderungspflicht nach E.1.4 der AKB 09/2008 verstoßen. Selbst wenn der Motorschaden erst aufgrund der Weiterfahrt des Kl. bis zum Parkplatz entstanden ist, und durch ein sofortiges Abstellen auf dem Standstreifen hätte vermieden werden können, ist die Bekl. entschädigungspflichtig.
Es bestehen zwar Bedenken gegen die Argumentation des LG, dass der Zusammenstoß mit dem Fuchs und die anschließende Weiterfahrt bis zum nächsten Parkplatz “einen einheitlichen Versicherungsfall' darstellen mit der Folge, dass der Verzicht der Bekl. auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit in A.2.18 in Abweichung von § 81 Abs. 2 VVG auch für die Weiterfahrt nach dem Zusammenstoß mit dem Fuchs gilt. Denn § 81 VVG betrifft die Herbeiführung des Versicherungsfalls, während § 8...