[9] "… Die Kl. hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags v. 29.12.2006."
[10] Im Revisionsverfahren ist aufgrund der rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des BG nicht mehr im Streit, dass die vom Zedenten erklärte Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung nicht durchgreift und damit ein Anspruch der Kl. auf eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gem. §§ 812 ff. BGB ausscheidet. Der Kl. steht aber, anders als das BG meint, auch ein vertraglicher Rückabwicklungsanspruch wegen eines Sachmangels des gekauften Fahrzeugs (§ 346 i.V.m. §§ 437, 440, 323 BGB) nicht zu.
[11] 1. Allerdings rügt die Revision ohne Erfolg, das BG hätte der Klage unter dem Gesichtspunkt der vertraglichen Sachmangelgewährleistung schon deshalb nicht stattgeben dürfen, weil der Kl. ein daraus etwa herzuleitender Rückabwicklungsanspruch bereits durch das Urt. des LG rechtskräftig aberkannt worden sei. Das trifft nicht zu.
[12] a) Das LG hat mit Recht in der Anfechtungserklärung des Zedenten zugleich eine Rücktrittserklärung gesehen (vgl. Senatsurt. v. 10.3.2010 – VIII ZR 182/08, NJW 2010, 2503 Rn 15 f.) und folgerichtig den von der Kl. geltend gemachten Rückabwicklungsanspruch sowohl unter dem Gesichtspunkt einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung wegen arglistiger Täuschung als auch einer vertraglichen Rückabwicklung wegen eines Sachmangels geprüft. Es hat die Voraussetzungen beider Anspruchsgrundlagen verneint. Dagegen hat die Kl. unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Anträge uneingeschränkt Berufung eingelegt. Das BG war deshalb prozessual nicht daran gehindert, der Klage im Hinblick auf einen vertraglichen Rückabwicklungsanspruch aus §§ 437, 440, 323, 346 BGB stattzugeben.
[13] b) Der Umstand, dass die Kl. in ihrer Berufungsbegründung nur die Beweiswürdigung des LG zur Frage der arglistigen Täuschung beanstandet hat, nicht aber die Ausführungen des LG zum vertraglichen Rückabwicklungsanspruch wegen eines Sachmangels, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
[14] Das BG ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, den vorgetragenen Sachverhalt im Hinblick auf alle für den geltend gemachten Klageanspruch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu beurteilen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 520 Abs. 3 ZPO. Die in dieser Bestimmung vorgeschriebene Angabe der Berufungsgründe ist nur Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels, hat aber keine Beschränkung des Prüfungsumfangs des BG auf die in der Berufungsbegründung angeführten Beanstandungen zur Folge. So kann und muss das BG konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO) berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags vom Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (BGH, Urt. v. 12.3.2004 – V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, 278 f.). Erst recht gilt dies für die materiell-rechtliche Beurteilung des Klageanspruchs in der Berufungsinstanz. Sie unterliegt auch in der Berufungsinstanz keinen Einschränkungen und ist nicht auf die in der Berufungsbegründung angeführten rechtlichen Gesichtspunkte beschränkt (§ 529 Abs. 2 S. 2 ZPO).
[15] Deshalb stellt auch der Hinweis des BG an die Parteien, dass die Bekl. Unternehmer i.S.d. § 14 Abs. 1 BGB sei, entgegen der Auffassung der Revision keinen Verfahrensverstoß dar. Mit diesem materiell-rechtlichen Hinweis hat das BG lediglich in zulässiger Weise zu erkennen gegeben, dass ein Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) vorliegen könne und damit ein vertraglicher Rückabwicklungsanspruch wegen eines Sachmangels in Betracht komme. Bei der Frage, ob der vorgetragene Sachverhalt einen bereicherungsrechtlichen oder einen vertraglichen Rückabwicklungsanspruch rechtfertigt, geht es, anders als die Revision meint, nicht um verschiedene Streitgegenstände, sondern lediglich um unterschiedliche Anspruchsgrundlagen für das Klagebegehren aufgrund des von der Kl. vorgetragenen einheitlichen Lebenssachverhalts.
[16] 2. Vergeblich beanstandet die Revision auch, dass das BG den vereinbarten Gewährleistungsausschluss gem. § 475 BGB für unwirksam gehalten hat. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei dem Kaufvertrag v. 29.12.2006 um einen Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 BGB, bei dem der Bekl. als Unternehmer die Berufung auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss verwehrt ist (§ 475 Abs. 1 S. 1 BGB).
[17] Die Revision stellt nicht in Frage, dass der Zedent bei Abschluss des Vertrages Verbraucher war (§ 13 BGB) und bezweifelt auch nicht, dass die Bekl. als juristische Person nicht Verbraucher sein kann (§ 13 BGB), sondern als GmbH eine Handelsgesellschaft ist, die ein Handelsgewerbe betreibt (§ 13 Abs. 1 GmbHG, §§ 5, 6 Abs. 1 HGB). Sie meint aber, dass die Bekl. den vorliegenden Kaufvertrag nicht, wie es § 14 Abs. 1 BGB für den Unternehmer voraussetzt, “in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit' geschlossen habe, weil der Geschäftszweck der Bekl. nur...